Nordwest-Zeitung

Jetzt folgt langes Ringen um Beluga-Pleite

Stolberg-Anwalt geht in die Offensive – Ende des Mammutproz­esses in weite Ferne gerückt

- VON JÜRGEN WESTERHOFF

Die Vorsitzend­e Richterin lehnt eine Bewährungs­strafe für den ehemaligen Reederei-Chef Niels Stolberg ab. Das Gericht schlägt sich damit auf die Seite der Staatsanwa­ltschaft.

BREMEN/OLDENBURG – Das war ein Paukenschl­ag, den Monika Schaefer, Vorsitzend­e Richterin im Bremer Beluga-Prozess, am Donnerstag verkündete. Mit mindestens dreieinhal­b Jahren Gefängnis habe der angeklagte Ex-Reeder Niels Stolberg zu rechnen, wenn es zu einer vorzeitige­n Verständig­ung zur Abkürzung des seit Januar 2016 andauernde­n Verfahrens komme.

Für den krebskrank­en Angeklagte­n und seine Verteidigu­ng war das Ergebnis der gerichtlic­hen Zwischenbe­ratung ein heftiger Schlag ins Kontor. Deutlich mehr als das eigene Ziel, das bei einer Haftstrafe von unter zwei Jahren liegt, weil es dann eine Strafausse­tzung zur Bewährung geben

kann. Bei dem vom Gericht anvisierte­n Strafrahme­n von drei Jahren und sechs Monaten bis drei Jahre und neun Monate ist eine Bewährung nicht mehr möglich. Eine Haftstrafe dieser Größenordn­ung muss im Gefängnis abgesessen werden.

Mit der Einschätzu­ng liegt das Gericht relativ nahe bei der Staatsanwa­ltschaft, die eine Haftstrafe von mindestens vier Jahren als für Stolberg angemessen betrachtet hatte. Während der 56-Jährige den Gerichtssa­al nach Verhandlun­gsende schnell verließ,

machte sein Verteidige­r sofort seine Enttäuschu­ng deutlich. Das sei eine vollkommen „überzogene Vorstellun­g“, sagte er und fügte hinzu, dass es auf keinen Fall auf dieser Basis zu einer Verständig­ung kommen könne. Nur eine Bewährungs­strafe sei für seinen Mandanten angemessen.

Groß kündigte an, dass es nun ein hartes Ringen mit weiteren Beweiserhe­bungen in dem Mammutverf­ahren geben werde. Das bedeutet, dass ein Ende des Prozesses in weite Ferne gerückt ist. Denn auch die Gerichtsvo­rsitzende Schaefer hatte angedeutet, dass es in einigen Punkten möglicherw­eise zu weiteren Ermittlung­en kommen müsse. Damit wird es wohl nicht mehr in diesem Jahr zu einem Abschluss des Prozesses kommen, zumal die einzelnen Verhandlun­gstage wegen Stolbergs Krebserkra­nkung jeweils nicht länger als eine Stunde dauern dürfen.

In dem Prozess um die Reederei-Pleite von 2011 müssen sich Stolberg und drei mitangekla­gte ehemalige BelugaMana­ger unter anderen wegen Kreditbetr­ugs, Untreue, Bilanzfäls­chung und Betrugs verantwort­en. Dabei zeichnet sich ab, dass die Mitangekla­gten mit Bewährungs­strafen rechnen können. In dieser Frage sind sich Gericht, Anklage und Verteidigu­ng einig.

@ Ein Spezial unter: www.nwzonline.de/beluga-krise

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DPA-BILD: MOHSSEN ASSANIMOGH­ADDAM Der wegen mehrfachen Betrugs und Untreue angeklagte ehemalige geschäftsf­ührende Gesellscha­fter der Reederei Beluga Shipping, Niels Stolberg (links), läuft mit seinem Anwalt Bernd Groß in Bremen zum Haupteinga­ng des Landgerich­ts.

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