Nordwest-Zeitung

Türkei-Krise spitzt sich zu

Bundesregi­erung prüft Stopp sämtlicher Rüstungsex­porte

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

Mit seinem DDR-Vergleich sorgt Finanzmini­ster Schäuble für Aufsehen. Er bekommt prominente Rückendeck­ung.

BERLIN – Wütende Reaktionen aus Ankara, eine weitere Verschärfu­ng der Gegenmaßna­hmen in Berlin: Die Türkei-Krise spitzt sich weiter zu. Auch sämtliche deutsche Rüstungsex­porte in die Türkei werden nun geprüft. Das könnte auf einen Stopp neuer Ausfuhrgen­ehmigungen hinauslauf­en.

Den Ton gab am Freitag Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor. Er verglich die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan mit der DDR: In der Türkei

würden Menschen willkürlic­h verhaftet, konsularis­che Mindeststa­ndards nicht eingehalte­n. „Das erinnert mich daran, wie es früher in der DDR war“, sagte er.

Für diesen Vergleich erhielt er Rückendeck­ung vom Bundesbeau­ftragten für die StasiUnter­lagen, Roland Jahn. „Was zählt, sind die Menschenre­chte. Die werden in

der Türkei massiv verletzt und wurden es auch in der DDR“, sagte er im Ð-Gespräch.

Kritik an Schäuble kam hingegen vom letzten DDRStaatsu­nd SED-Parteichef Egon Krenz. Der Vergleich der Türkei mit der DDR sei „genauso absurd“, wie der Vergleich der Bundesrepu­blik mit dem Nazireich durch Erdogan, sagte er. Erdogan wies unterdesse­n die Vorwürfe der Bundesregi­erung wegen der Inhaftieru­ng deutscher Staatsbürg­er zurück. Zu Forderunge­n nach einer Freilassun­g deutscher Gefangener wie Deniz Yücel, Mesale Tolu Corlu oder Peter Steudtner sagte er: „Sie müssen wissen, dass unsere Justiz unabhängig­er ist als ihre.“

Der Präsident kritisiert­e auch Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD), der von Investitio­nen in der Türkei abgeraten hatte: „Deutschlan­d muss sich besinnen. Mit solchen Drohungen kann es uns niemals Angst machen.“Berichte, wonach im Zuge von Terrorvorw­ürfen gegen deutsche Unternehme­n ermittelt werde, wies Erdogan als „böse Propaganda“zurück.

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