Eones rüttelt DFB-Frauen auf
Bundestrainerin nach zwei Partien unzufrieden – Nun gegen Russland
Der Titelverteidiger liegt zwar auf ViertelfinalKurs. Doch die 44-Jährige hat einiges an den Leistungen auszusetzen.
SINT-MICHIELSGESTEL – Steffi Jones ist freundlich, kommunikativ und harmoniebedürftig. Doch niemand sollte sich täuschen. Die nette Fußball-Bundestrainerin kann auch ein ganz anderes Gesicht zeigen, obwohl ihr das gar nicht so leicht fällt. Nach dem zweiten durchwachsenen EM-Auftritt beim 2:1 gegen Italien setzte die 44-Jährige einen deutlichen Reizpunkt. Offensichtlich dämmerte ihr es, dass zu viel Harmonie im Team leistungshemmend wirken und das deutsche Spiel in Schönheit erstarren könnte.
So platzierte Jones wohl gezielt über die Medien einen Weckruf, um die seit Wochen herrschende Wir-haben-unsalle-lieb-Mentalität zu durchbrechen. Zum Gruppenfinale verlangt Jones eine erhebliche Leistungssteigerung und einen deutlichen Sieg: „Wir wollen das Spiel gegen Russland ganz klar gewinnen.“
Auch wenn an diesem $ienstag (20.45 Uhr/Z$F) in Utrecht gegen die Sbornaja ein Remis zum Viertelfinaleinzug genügen würde, benötigt der Titelverteidiger in den Niederlanden eine Bestätigung der eigenen Stärke.
Nicht zuletzt deshalb darf es kein Taktieren geben. „Russland wird genauso robust auftreten und tief stehen wie Italien. Da müssen wir zeigen, dass wir was aus den bisherigen Partien gelernt haben. Und Tore schießen“, verlangte die Trainerin. „Sie hat bei der Analyse klare Worte gefunden und uns auch gesagt, was wir besser machen müssen“, bestätigte Abwehrspielerin Kathrin Hendrich am Sonntag,
dass Jones dem Team die Fehler deutlich vor Augen führte.
Auch wenn die Punktausbeute aus den Partien gegen Schweden (0:0) und Italien okay ist, sah Jones Anlass, den Finger in die Wunde zu legen. Die Mängelliste ist lang: schlechte Chancenverwertung trotz spielerischer Dominanz. Fehlende Cleverness wie nach der 1:0-Führung gegen Italien, als man prompt ein Kontertor kassierte. Und Sorglosigkeit wie in der Schlussphase, als die Elf trotz Überzahl beinahe ein zweites Mal den Vorsprung verspielte.
Durch „Klein-Klein-Spiel“habe man den Ball vertändelt, beim Konter nicht gut verteidigt und den Vorteil zehn Minuten nach dem ersten Tor von Josephine Henning (19.) aus der Hand gegeben. „Auf einmal steht es 1:1. Das bringt einen schon in Rage“, so Jones. Man habe solche Fehler ja „nicht nur einmal analysiert“. Mitgenommen von der emotionalen Achterbahnfahrt mahnte Jones: „Wir haben der Mannschaft viel Vertrauen ausgesprochen, so reicht es aber nicht.“
Sich irgendwie durchzuwurschteln, auf Geschenke wie den Patzer von Italiens Torfrau Laura Giuliani oder einen umstrittenen Elfmeterpfiff zu hoffen, der Babett Peters Siegtor vorausging, genügt Jones nicht: „Wir müssen zielstrebiger sein.“
Peter, die in der 67. Minute per Foulelfmeter das 2:1 markierte, sprach von einem „Déjà-vu“. Schließlich rumpelte die Elf bei der EM vor vier Jahren in Schweden mit einem 0:0 gegen die Niederlande, einem 3:0 gegen Island und einem 0:1 gegen Norwegen viel schlimmer durch die Vorrunde. Damals half eine teaminterne Aussprache ohne Trainer. Nach dem reinigenden Gewitter siegte man sich mit drei 1:0-Erfolgen zum sechsten Titel nacheinander.