Nordwest-Zeitung

Integratio­n im Kartoffell­and

„Club Europa“am Donnerstag im ZDF – Flüchtling in Berliner Wohngemein­schaft

- VON KLAUS BRAEUER

Der Film zeigt, wie müh: sam und komplizier­t die Hilfe für einen Flüchtling sein kann. Dabei stellen sich manchmal Fragen, an die zunächst niemand gedacht hat.

BERL2N – Das Thema Flüchtling­e ist hierzuland­e in den Nachrichte­n deutlich in den Hintergrun­d gerückt. Dabei ist es im Süden Europas noch immer sehr präsent. Wie eine Wohngemein­schaft von jungen Leuten einem Flüchtling helfen will, zeigt der Film „Club Europa“, der an diesem Donnerstag (23 Uhr) innerhalb der Sommerreih­e „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“zu sehen ist.

Eine helle Altbauwohn­ung mit großen Fenstern, irgendwo in Berlin-Kreuzberg. Eine junge blonde Frau räumt auf und spült das Geschirr in einem Waschbecke­n. Später versuchen Martha (Sylvania Faligant) und ihre Mitbewohne­r Jamie (Artjom Gilz) und Yasmin (Maryam Zaree), ein

Bett aufzubauen. Es ist für Samuel (Richard Fouofié Djimeli) bestimmt – der Flüchtling aus Kamerun soll ein eigenes Zimmer beziehen.

Ihm wird Jamie später erklären, dass er im „Kartoffell­and“gelandet ist. Und er zeigt ihm auch, wie man dieses Gemüse mit dem Kartoffels­chäler bearbeitet. Martha erklärt ihm auch, wie er per

Internet ein Konto anlegen und Arbeit suchen kann. Er spricht jedenfalls schon ziemlich gut deutsch.

Es wird gemeinsam gekocht und gegessen, man unterhält sich am reich gedeckten Tisch abwechseln­d auf Deutsch, Englisch und Französisc­h – jeder erzählt, was er so macht und wie es ihm geht. Auch Marthas Eltern,

Bea (Marie-Lou Sellem) und Jo (Tilo Nest), sind dabei. Später wird Party gemacht, Nachbarn beschweren sich über den Lärm, die Polizei rückt an – aber Samuel kann zum Glück alle Papiere vorweisen.

Allerdings erhält er später die Nachricht, dass sein Asylantrag wegen eines Formfehler­s nicht angenommen wurde und er das Land unverzügli­ch zu verlassen habe.

In der zweiten Hälfte des Films geht es dann darum, wie und in welchem Umfang seine Mitbewohne­r ihm nun helfen können. Samuel will illegal in Deutschlan­d und in der WG bleiben, aber das findet nicht die ungeteilte Zustimmung der anderen. Ein Grund ist die Angst, dass sich alle Mitbewohne­r strafbar machen könnten.

Regisseuri­n Franziska M. Hoenisch (33) legt mit „Club Europa“ihren ersten Spielfilm vor. In ihrer Schulzeit ist sie für ein Jahr als Austauschs­chülerin in einer Gastfamili­e in Südafrika gewesen und fand, dass das Thema „Gastfamili­en für Geflohene“passend für ihr Filmdebüt sei. „Erst war es mir ganz wichtig, dass die Geschichte ein gutes Beispiel für eine erfolgreic­he Integratio­n setzt“, erklärt sie. „Durch Gespräche mit Betroffene­n und durch die ehrliche Auseinande­rsetzung mit der eigenen Komfortzon­e wurde aber immer klarer, dass wir unserer unpolitisc­hen Generation und uns selbst einen Spiegel vorhalten wollen.“

Das gelingt ihr mit ihrem Film – und zwar recht eindrückli­ch, auch dank der teilweise improvisie­renden Schauspiel­er.

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BILD: STEFANIE REINHARD BeraIung in der WG-Küche: Szene miI den Schauspiel­ern (von links) Sylvaine FaliganI, Richard Fouofié Djimeli und ArIjom Gilz in dem Film „Club Europa“

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