Pas Dauerproblem mit der Fahrerflucht
Viele Verursacher machen sich mit ihrem Auto aus dem Staub – Längst ein Massendelikt in Deutschland
Kleinere Blechschäden machen den Löwenanteil der Fahrerflucht-Unfälle aus. Die Aufklärungsquote ist gering.
KARLSRUHE – Außenspiegel ab, Kratzer in der Tür, Rücklicht kaputt. Der Schaden am Auto ist meist eher klein, der Ärger aber riesengroß, wenn sich der Schuldige aus dem Staub macht. Unfälle mit Fahrerflucht sind längst ein Massendelikt, ein Dauerproblem und nehmen aus Sicht mancher Polizeipräsidien in Großstädten sogar zu. Die Bandbreite dabei ist riesig: Kleinere Blechschäden machen den Löwenanteil der FahrerfluchtUnfälle aus, mit denen es die Polizei zu tun hat. Sehr viel seltener – aber umso tragischer – sind Unfälle, bei denen der Verursacher Verletzte oder gar Tote zurücklässt.
Schlechte Verkehrsmoral
Während nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Zahl von schweren Unfällen mit Sachschaden in den letzten mehr als 25 Jahren deutschlandweit drastisch gesunken ist, steigt der Anteil von Unfallflüchtigen leicht. So zählten die Statistiker 1991 rund 440000 dieser schwerwiegenden Unfälle mit Sachschaden.
Unfallflucht spielte in 8,3 Prozent dieser Fälle eine Rolle. Im vergangenen Jahr waren es nur noch gut 130 000 Unfälle dieser Art, in 10,6 Prozent der Fälle aber floh einer der Beteiligten. Bei Unfällen mit Fahrerflucht, bei denen jemand verletzt oder gar getötet wurde, blieb die Quote der Flüchtigen konstant bei 4,5 Prozent.
Zahlen für alle Unfälle mit Fahrerflucht deutschlandweit gibt es schlichtweg nicht. Schon gar nicht solche, die gleichzeitig auch das gestiegene Verkehrsaufkommen berücksichtigen. Allerdings führen viele Polizeipräsidien eigene Statistiken, die eine teils deutliche Sprache sprechen. Die Frankfurter Polizei zählte zwischen 2013 und 2016 konstant zwischen knapp 21 000 und 22 500 Unfälle – ein Drittel davon solche mit Fahrerflucht. Rund 120000 Verkehrsunfälle verzeichnete die Behörde in Berlin im Jahr 2005, davon rund 25000 mit Fahrerflucht. Im vergangenen Jahr krachte es 140 000 mal – rund 32 000 mal machte sich der Verursacher aus dem Staub. Die Aufklärungsquote in der Hauptstadt sank in diesem Zeitraum von knapp 50 auf 40 Prozent. In Stadt und Landkreis München flüchteten die Fahrer bei einem Viertel der Unfälle.
Ähnliche Zahlen berichtet aus Stadt und Landkreis Karlsruhe Peter Rieger, Polizeihauptkommissar und seit 1991 in diesem Beritt für Unfallermittlungen zuständig. Davon geschehen 80 Prozent etwa beim Ein- oder Ausparken“, erzählt er und fügt hinzu: „Die Verkehrsmoral war schon immer schlecht, und sie hat sich nicht verbessert.“
Bequemlichkeit
Vor drei Jahren hatte der ACE die Angaben von Polizeibehörden verschiedener Bundesländer ausgewertet und schätzte die Zahl angezeigter Fluchtdelikte auf jährlich rund 500 000 – ohne Dunkelziffer, denn längst nicht jeder Kratzer wird angezeigt. „Hat ja keinen Sinn, die Polizei findet die Leute ja doch nicht“, sagt etwa ein 53-Jähriger, der seit 35 Jahren Auto fährt und mindestens siebenmal Opfer von Unfallflucht war. Er fährt dann den Wagen in die Werkstatt, lässt den Spiegel ersetzen, den Kratzer polieren. „Haken dran“, sagt er, „so ist der Aufwand am geringsten.“
Tatsächlich ist die Aufklärungsquote bescheiden.