Tanz ums Auto
Nan Automobil ist eine Technik, die für die Gesellschaft eine ähnliche Bedeutung hat wie Elektrizität und Wasser – ein Stück Freiheit. Und für die meisten Menschen bedeutet das Auto das mit Abstand teuerste Konsumgut. Doch mit dem Abgas-Skandal um Diesel-Fahrzeuge und die Kartellabsprachen der Auto-Hersteller geht ein Mythos zu Ende. Die Branche steht zu Recht am Pranger, Millionen Fahrzeugbesitzer sind verunsichert. Weil sie getäuscht, belogen und betrogen wurden. Weil sich Ingenieure und Finanzverantwortliche der Autobauer in einer unheilvollen Allianz zu sehr fügten, damit möglichst viel vom Umsatz als Gewinn hängenbleibt.
Vor diesem Hintergrund findet also der Diesel-Gipfel in Berlin statt. Und dabei muss eines von Anfang an klar sein: Niemand anders als die Industrie steht hier in der Verantwortung, den Schaden zu beheben. Die deutschen Hersteller sollen erklären, welche und wie viele Autos sie in welchem Zeitraum mit einer neuen Software ausrüsten können, und sie müssen einen Zeitplan vorlegen für zügige Rückrufaktionen. Die Autobauer müssen die gesamten Kosten der Umrüstung tragen und für die neu eingebaute Technik eine Garantie übernehmen. Und sie sollten sich den geschädigten Autobesitzern gegenüber kulant zeigen.
Von der Politik darf man erwarten, dass sie sich nicht wegduckt. Im Gegenteil: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt muss deutlich machen, dass er sich als Anwalt der Autofahrer versteht. Es könnte seine große Stunde werden. Es geht einfach nicht, dass die Politik gleichzeitig Förderer und Kontrolleur ist. Niedersachsen dient da als warnendes Beispiel.
Denn eines steht fest: Ohne zählbare Ergebnisse wird der Diesel-Skandal zum Wahlkampfschlager. Und beim Thema Auto hört der Spaß bei den Deutschen auf. Mindestens zwölf Millionen Diesel-Fahrer in Deutschland machen sich Sorgen. Das kann am Ende wahlentscheidend sein.
Die ganze Situation erinnert fatal an die Bankenkrise vor zehn Jahren. Damals hat der Staat massiv eingegriffen – und einen guten Job gemacht. Doch dieses Mal dürfen keine Steuergelder fließen. Die Autoindustrie muss liefern.
@ Den Autor erreichen Sie unter Wahn@infoautor.de