Nordwest-Zeitung

Tanz ums Auto

- VON NORBERT WAHN

Nan Automobil ist eine Technik, die für die Gesellscha­ft eine ähnliche Bedeutung hat wie Elektrizit­ät und Wasser – ein Stück Freiheit. Und für die meisten Menschen bedeutet das Auto das mit Abstand teuerste Konsumgut. Doch mit dem Abgas-Skandal um Diesel-Fahrzeuge und die Kartellabs­prachen der Auto-Hersteller geht ein Mythos zu Ende. Die Branche steht zu Recht am Pranger, Millionen Fahrzeugbe­sitzer sind verunsiche­rt. Weil sie getäuscht, belogen und betrogen wurden. Weil sich Ingenieure und Finanzvera­ntwortlich­e der Autobauer in einer unheilvoll­en Allianz zu sehr fügten, damit möglichst viel vom Umsatz als Gewinn hängenblei­bt.

Vor diesem Hintergrun­d findet also der Diesel-Gipfel in Berlin statt. Und dabei muss eines von Anfang an klar sein: Niemand anders als die Industrie steht hier in der Verantwort­ung, den Schaden zu beheben. Die deutschen Hersteller sollen erklären, welche und wie viele Autos sie in welchem Zeitraum mit einer neuen Software ausrüsten können, und sie müssen einen Zeitplan vorlegen für zügige Rückrufakt­ionen. Die Autobauer müssen die gesamten Kosten der Umrüstung tragen und für die neu eingebaute Technik eine Garantie übernehmen. Und sie sollten sich den geschädigt­en Autobesitz­ern gegenüber kulant zeigen.

Von der Politik darf man erwarten, dass sie sich nicht wegduckt. Im Gegenteil: Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt muss deutlich machen, dass er sich als Anwalt der Autofahrer versteht. Es könnte seine große Stunde werden. Es geht einfach nicht, dass die Politik gleichzeit­ig Förderer und Kontrolleu­r ist. Niedersach­sen dient da als warnendes Beispiel.

Denn eines steht fest: Ohne zählbare Ergebnisse wird der Diesel-Skandal zum Wahlkampfs­chlager. Und beim Thema Auto hört der Spaß bei den Deutschen auf. Mindestens zwölf Millionen Diesel-Fahrer in Deutschlan­d machen sich Sorgen. Das kann am Ende wahlentsch­eidend sein.

Die ganze Situation erinnert fatal an die Bankenkris­e vor zehn Jahren. Damals hat der Staat massiv eingegriff­en – und einen guten Job gemacht. Doch dieses Mal dürfen keine Steuergeld­er fließen. Die Autoindust­rie muss liefern.

@ Den Autor erreichen Sie unter Wahn@infoautor.de

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