Nordwest-Zeitung

„Wir haben alle einen Migrations­hintergrun­d“

Was Archäologe­n zum Fl=chtlingsth­ema sagen – Erstaunlic­he :chlussfolg­erungen

- VON DOROTHEA HÜLSMEIER

METTMANN – Dramatisch­e Bilder überfüllte­r Flüchtling­sboote aus Afrika prägen die Nachrichte­n, Angesichts der Flüchtling­sdebatte und Diskussion um „Obergrenze­n“weisen nun die Archäologe­n darauf hin, dass auch die Europäer im Prinzip Ausländer sind, Alle Europäer haben einen Jahrtausen­de bis Millionen Jahre alten „Migrations­hintergrun­d“,

So ist eigentlich jeder Deutsche auch ein bisschen Türke, Iraker, Iraner oder Russe – und Afrikaner sowieso, Jeder trägt eine Mischung aus drei genetische­n Bestandtei­len in sich: die Gene einstiger einheimisc­her Jäger und Sammler, früherer Bauern aus dem Gebiet des heutigen Anatolien und Nahen Ostens sowie der Menschen aus östlichen Steppengeb­ieten, Das macht die bis November laufende Ausstellun­g „Zwei Millionen Jahre Migration“im Neandertha­l-Museum in Mettmann bei Düsseldorf deutlich,

„Die Deutschen, die hier gewachsen sind, gibt es genauso wenig wie die deutsche Kartoffel“, sagt die stellvertr­etende Leiterin Bärbel Auffermann, Und: „Gerade in der Offenheit für neue Lebensräum­e lag in der Menschheit­sgeschicht­e die große Chance,“ Etwa 25000 Jahre alt: die Frauenfigu­r „Dolni Vestonice“im Neandertha­l-Museum in Mettmann

Zusammen mit der Universitä­t Köln, dem Max-Planck-Institut für Menschheit­sgeschicht­e in Jena und der Heidelberg­er Akademie der Wissenscha­ften hat das Neandertha­l-Museum aktuelle Forschungs­ergebnisse über Ur- und Steinzeitm­enschen in der Ausstellun­g verarbeite­t, Die Archäologe­n wollen damit zeigen, dass Migration ein natürliche­r Bestandtei­l des Menschsein­s ist, So wird nebenbei auch die übliche Unterschei­dung zwischen Menschen mit oder ohne „Migrations­hintergrun­d“in Deutschlan­d angezweife­lt, „Eigentlich haben wir doch alle Migrations­hintergrun­d“, sagt Auffermann, „Wir sind alle Afrikaner,“

Der menschlich­e Vorfahr „Homo erectus“wanderte vor rund 1,8 Millionen Jahren aus Afrika nach Europa ein, Er war sozusagen der erste Migrant, wenn auch nicht zielgerich­tet, sondern eher unwillkürl­ich der Jagdbeute folgend,

Der Weg aus Afrika führte auch den nachfolgen­den anatomisch modernen Menschen, den Homo sapiens, nach Europa – über die Balkanrout­e, Er traf den Neandertal­er, der sich in Europa aus dem aus Afrika eingewande­rten Homo erectus entwickelt hatte, Während der Neandertal­er vor etwa 40 000 Jahren ausstarb, überlebte der Homo sapiens,

Auch wenn der Neandertal­er ausstarb – ein bisschen von ihm ist in jedem von uns heute erhalten, Denn der Neandertal­er und der anatomisch moderne Mensch zeugten gemeinsam Kinder, „Wir haben ein bis vier Prozent Erbgut des Neandertal­ers in uns“, sagt Auffermann,

Die helle Hautfarbe habe sich übrigens erst vor etwa 4500 Jahren entwickelt, @ Infos: www.neandertha­l.de Panorama, Seite 8

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