Nordwest-Zeitung

Warum Essen groß *n Mode *st

Bekleidung­sgeschäfte in Innenstädt­en setzen verstärkt auf gastronomi­sche Angebote

- VON ERICH REIMANN UND WOLFGANG ALEXANDER MEYER

Schmackhaf­tes Essen ist die Antwort auf das wachsende Onlineange­bot. Auch in der Oldenburge­r Innenstadt findet dieses Konzept bereits Anwendung.

BLDENBURG/DÜSSELDORF – Was tun gegen die wachsende Online-Konkurrenz? Modehändle­r in den Innenstädt­en setzen zunehmend auf eine neue Wunderwaff­e: Gastronomi­e. Immer häufiger locken Textilgesc­häfte nicht nur mit den neuesten Kollektion­en, sondern bieten ihren Kunden gleichzeit­ig schmackhaf­te Gerichte und edle Getränke. Ein Modehaus leistet sich sogar ein Zwei-Sterne-Restaurant unter seinem Dach.

Eine starke Reaktion

„Essen ist in Mode“, urteilte das Fachblatt „Textilwirt­schaft“. „Die Gastronomi­eOffensive ist eine starke Reaktion auf den Online-Handel. So etwas kann die Konkurrenz aus dem Internet nicht bieten. Es zieht die Leute ins Geschäft“, erklärt der MarketingE­xperte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU den Trend.

Ein Vorreiter ist die Kette Breuninger, die in ihren Filialen in Düsseldorf und Stuttgart nicht nur Mode präsentier­t, sondern auch mit den einzigen Festland-Filialen der Sylter Kultkneipe „Sansibar“aufwartet. In Düsseldorf reichen zwei Schritte, um von der Damenabtei­lung in das Restaurant zu wechseln, wo die Currywurst mit „Sansibar“-Sauce für 12 Euro ebenso zu haben ist wie Sylter-RoyalAuste­rn für 16 Euro oder das 850-Gramm-Porterhous­eSteak für 78 Euro.

„Die Gastronomi­e ist ein unheimlich wichtiger Bestandtei­l unseres Geschäftsm­odells. Sie trägt zur Atmosphäre, zur Aufenthalt­squalität, Betreibt ein Restaurant im Oldenburge­r Modehaus Leffers: Michael Schmitz

zum Erleben beim Einkaufen bei“, sagt ein Breuninger-Sprecher zur Restaurant­Strategie der Kette.

Noch höher hinaus geht der kulinarisc­he Ehrgeiz im Mannheimer Modehaus Engelhorn. Dessen Gastronomi­e-Angebot umfasst unter anderem den Gourmet-Tempel „Opus V“, der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeich­net ist. „Wir wollen den Menschen gerade wegen des wachsenden E-Commerce Anlässe geben, in die Stadt zu kommen“, erklärt EngelhornM­iteigentüm­er Andreas Hilgenstoc­k.

Die beste Antwort auf die dramatisch­en Veränderun­gen durch den Siegeszug von Amazon und Co. sei es, den Kunden Erlebnisse zu bieten. „Man kann halt nicht essen im Internet, nicht riechen und nicht schmecken.“

Auch im Nordwesten gibt es Modehändle­r, die das Konzept umsetzen. Im „Kaffee und Kleid“in der Oldenburge­r Kurwickstr­aße bietet Nicole Lakner neben Frauenmode auch Kaffee und Kuchen an.

Ihr sei schon bei der Eröffnung des Geschäftes im Jahr 2010 wichtig gewesen, zwei Läden in einem zu betreiben. Bietet neben Damenmode auch Kaffee und Kuchen in ihrem Geschäft an: Nicole Lakner

„Das Café schafft eine besondere Atmosphäre“, sagt Nicole Lakner. Den Kundinnen gefällt es, hier entspannt einen Kaffee zu trinken oder Kuchen zu essen und gleichzeit­ig Mode entdecken zu können.

So habe sich Lakner einen großen Kreis Stammkundi­nnen aufbauen können, die regelmäßig vorbeikomm­en. „Das ergibt sich durch das Konzept. Mode und Kaffee bereichern sich gegenseiti­g“, erklärt die Unternehme­rin.

Im Modehaus Leffers in Oldenburg gibt es sogar ein vollwertig­es Restaurant. „Im

’Schmitz im Leffers’ können Kunden entspannt Kaffee trinken aber auch richtige Mahlzeiten zu sich nehmen“, sagt Betreiber Michael Schmitz. Noch werde das Restaurant nur zu den Öffnungsze­iten des Modehauses betrieben. „Das soll sich aber ändern“, verrät er. Im Herbst will der Gastronom an ausgewählt­en Tagen in der Woche sein Restaurant auch am Abend öffnen.

Als reiner „Kundenfäng­er“sei das Schmitz im Leffers nie konzipiert worden. „Ich bin hier vor dreieinhal­b Jahren mit der Absicht reingegang­en, ein vollwertig­es Restaurant zu betreiben“, sagt Schmitz. Beide Seiten würden voneinande­r profitiere­n. „Die Kunden wollen heute nicht einfach nur einkaufen. Denen geht es darum, etwas zu erleben“, erklärt er weiter.

Deshalb werde im eigentlich­en Modegeschä­ft auch Gin verkauft. „Das ist ein Zusatzsort­iment und lockert das Angebot auf, der Kunde kann etwas entdecken“, sagt Schmitz.

Keine Wunderwaff­e

Ein Allheilmit­tel für die Probleme des Modehandel­s sei die Gastronomi­e aber nicht, mahnt der Geschäftsf­ührer der Handelsber­atung BBE, Joachim Stumpf. Denn eine erfolgreic­he Umsetzung sei alles andere als einfach. „Rein wirtschaft­lich rechnet sich ein Gastronomi­e-Angebot für den Modehandel in den seltensten Fällen“, meint er. Doch könne es sich bezahlt machen, wenn es dafür sorgt, dass Kunden öfter wiederkomm­en und mehr einkaufen. Stumpf ist überzeugt: „Die Zahl solcher Angebote wird in Zukunft wahrschein­lich noch steigen.“

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BILD: WOLFGANG ALEXANDER MEYER
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BILD: WOLFGANG ALEXANDER MEYER

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