Warum Essen groß *n Mode *st
Bekleidungsgeschäfte in Innenstädten setzen verstärkt auf gastronomische Angebote
Schmackhaftes Essen ist die Antwort auf das wachsende Onlineangebot. Auch in der Oldenburger Innenstadt findet dieses Konzept bereits Anwendung.
BLDENBURG/DÜSSELDORF – Was tun gegen die wachsende Online-Konkurrenz? Modehändler in den Innenstädten setzen zunehmend auf eine neue Wunderwaffe: Gastronomie. Immer häufiger locken Textilgeschäfte nicht nur mit den neuesten Kollektionen, sondern bieten ihren Kunden gleichzeitig schmackhafte Gerichte und edle Getränke. Ein Modehaus leistet sich sogar ein Zwei-Sterne-Restaurant unter seinem Dach.
Eine starke Reaktion
„Essen ist in Mode“, urteilte das Fachblatt „Textilwirtschaft“. „Die GastronomieOffensive ist eine starke Reaktion auf den Online-Handel. So etwas kann die Konkurrenz aus dem Internet nicht bieten. Es zieht die Leute ins Geschäft“, erklärt der MarketingExperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU den Trend.
Ein Vorreiter ist die Kette Breuninger, die in ihren Filialen in Düsseldorf und Stuttgart nicht nur Mode präsentiert, sondern auch mit den einzigen Festland-Filialen der Sylter Kultkneipe „Sansibar“aufwartet. In Düsseldorf reichen zwei Schritte, um von der Damenabteilung in das Restaurant zu wechseln, wo die Currywurst mit „Sansibar“-Sauce für 12 Euro ebenso zu haben ist wie Sylter-RoyalAustern für 16 Euro oder das 850-Gramm-PorterhouseSteak für 78 Euro.
„Die Gastronomie ist ein unheimlich wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Sie trägt zur Atmosphäre, zur Aufenthaltsqualität, Betreibt ein Restaurant im Oldenburger Modehaus Leffers: Michael Schmitz
zum Erleben beim Einkaufen bei“, sagt ein Breuninger-Sprecher zur RestaurantStrategie der Kette.
Noch höher hinaus geht der kulinarische Ehrgeiz im Mannheimer Modehaus Engelhorn. Dessen Gastronomie-Angebot umfasst unter anderem den Gourmet-Tempel „Opus V“, der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. „Wir wollen den Menschen gerade wegen des wachsenden E-Commerce Anlässe geben, in die Stadt zu kommen“, erklärt EngelhornMiteigentümer Andreas Hilgenstock.
Die beste Antwort auf die dramatischen Veränderungen durch den Siegeszug von Amazon und Co. sei es, den Kunden Erlebnisse zu bieten. „Man kann halt nicht essen im Internet, nicht riechen und nicht schmecken.“
Auch im Nordwesten gibt es Modehändler, die das Konzept umsetzen. Im „Kaffee und Kleid“in der Oldenburger Kurwickstraße bietet Nicole Lakner neben Frauenmode auch Kaffee und Kuchen an.
Ihr sei schon bei der Eröffnung des Geschäftes im Jahr 2010 wichtig gewesen, zwei Läden in einem zu betreiben. Bietet neben Damenmode auch Kaffee und Kuchen in ihrem Geschäft an: Nicole Lakner
„Das Café schafft eine besondere Atmosphäre“, sagt Nicole Lakner. Den Kundinnen gefällt es, hier entspannt einen Kaffee zu trinken oder Kuchen zu essen und gleichzeitig Mode entdecken zu können.
So habe sich Lakner einen großen Kreis Stammkundinnen aufbauen können, die regelmäßig vorbeikommen. „Das ergibt sich durch das Konzept. Mode und Kaffee bereichern sich gegenseitig“, erklärt die Unternehmerin.
Im Modehaus Leffers in Oldenburg gibt es sogar ein vollwertiges Restaurant. „Im
’Schmitz im Leffers’ können Kunden entspannt Kaffee trinken aber auch richtige Mahlzeiten zu sich nehmen“, sagt Betreiber Michael Schmitz. Noch werde das Restaurant nur zu den Öffnungszeiten des Modehauses betrieben. „Das soll sich aber ändern“, verrät er. Im Herbst will der Gastronom an ausgewählten Tagen in der Woche sein Restaurant auch am Abend öffnen.
Als reiner „Kundenfänger“sei das Schmitz im Leffers nie konzipiert worden. „Ich bin hier vor dreieinhalb Jahren mit der Absicht reingegangen, ein vollwertiges Restaurant zu betreiben“, sagt Schmitz. Beide Seiten würden voneinander profitieren. „Die Kunden wollen heute nicht einfach nur einkaufen. Denen geht es darum, etwas zu erleben“, erklärt er weiter.
Deshalb werde im eigentlichen Modegeschäft auch Gin verkauft. „Das ist ein Zusatzsortiment und lockert das Angebot auf, der Kunde kann etwas entdecken“, sagt Schmitz.
Keine Wunderwaffe
Ein Allheilmittel für die Probleme des Modehandels sei die Gastronomie aber nicht, mahnt der Geschäftsführer der Handelsberatung BBE, Joachim Stumpf. Denn eine erfolgreiche Umsetzung sei alles andere als einfach. „Rein wirtschaftlich rechnet sich ein Gastronomie-Angebot für den Modehandel in den seltensten Fällen“, meint er. Doch könne es sich bezahlt machen, wenn es dafür sorgt, dass Kunden öfter wiederkommen und mehr einkaufen. Stumpf ist überzeugt: „Die Zahl solcher Angebote wird in Zukunft wahrscheinlich noch steigen.“