Das Zittern vor dem Fahrverbot
Duch nach Berliner Krisengipfel droht der Bann der Dieselautos aus den Städten
Fahrverbote wären ein Schock für Autofahrer und Autobauer gleichermaßen. Die Lage ist kompliziert. Und juristisch heikel.
VON JAN PETERMANN UND MARTINA HERZOG BERLIN/BRÜSSEL – EinI durchLösung ringen zu einer echten für mehr Umweltschutz und weniger Schadstoffe – das war die Erwartung ans „Nationale Forum Diesel“. Aus Sicht etlicher Verbände und Politiker kommt die Berliner Erklärung aber bestenfalls einem Minimalkompromiss gleich, das Zittern bei Dieselbesitzern vor drohenden Fahrverboten dürfte anhalten. Dabei ist die rechtliche Bewertung solch drastischer Schritte alles andere als eindeutig. Die Brennpunkte im Überblick: 1. Bei der Luftreinhaltung sind vier litis he enen i iel Die Durchsetzung von Fahrverboten wäre auch deshalb komplex, weil vier Ebenen mit dem Thema saubere Luft befasst sind. „Die EU bestimmt, dass Grenzwerte vor Ort einzuhalten sind. Wie genau das gesichert werden soll, legt sie aber nicht fest“, erläutert der Verwaltungsrechtler Dennis Kümmel. Der Bund bestimmt, dass die Länder für UmsetMeszung und Kontrolle über sungen zuständig sind. „Einige Länder wiederum geben diese Umsetzung weiter an die Kommunen, die etwa eineinrichlaufen zelne Umweltzonen ten können.“Aktuell zwei Vertragsverletzungsverfahren wegen Überschreitung von Schadstoff-Grenzwerten gegen Deutschland. Es geht um Feinstaub und Stickoxide. Sie können bis zu einer Klage der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und Geldstrafen führen. 2.hindern liti ill er te vera er eri hte urteilen una h!ngig Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betont: „Wir werden alles Möglizu che tun, um Fahrverbote vermeiden. Ob das gelingt, wird aber von der Umsetzung der weiterführenden Maßnahmen abhängen.“Sie glaubt, dass es am Ende nicht bei reinen Updates der AbgasEntSoftware bleiben kann. scheidend ist, ob nach den Updates bei nachgerüsteten Wagen dann wirklich die versprochenen 25 bis 30 Prozent weniger NOX-Ausstoß gelingen. Einige Experten bezweifeln das. Die EU pocht auf genaue Messungen des Schadstoffausstoßes. 3. "ahrver te und # -
elt- la etten Das Stuttgarter Verwaltungsgericht deutete an, dass es Verbote für unausweichlich hält. Sollten Autofahrer, das Land Baden-Württemberg oder Hersteller dagegen vorgehen, wäre ein direkter Gang zum Bundesverwaltungsgericht unklug, mahnt der Verfassungsrechtler Christofer Lenz. Denn zunächst könnte das Urteil nochmals in Mannheim am Verwaltungsgerichtshof aufgerollt werden. Kümmel hält die Ansicht, es dürfe allein wegen fehlender Bundesregeln keine Fahrverbote im Land geben, für zu einfach. „Die Begründung heißt dann: ,Wir können keine Fahrverbote verhängen, weil es noch kein passendes Schild dafür gibt.‘“Falls die Frage eines Tages vor den EuGH kommt, dürfte dieArgument ses nicht zu halten sein. „Und auch nicht, falls der Bund später doch eine blaue Plakette bereitstellen
würde.“4.)e (angelnde htssi- Keine Durchfahrt für Diesel: Steht so ein Schild bald an den Stadteinfahrten?
herheit f$r ges h!digte %iesel-&unden Welche Handhabe haben betroffene Fahrer, falls sie die Wirksamkeit der SoftwareUpdates infrage stellen? Der IG-Metall-Bezirkschef im Südwesten, Roman Zitzelsberger, kritisierte die Berliner Beschlüsse: „Unbefriedigend ist, dass die Verabredungen keinen rechtssicheren Rahmen haben. Somit bleiben das Risiko von Fahrverboten, die Sorgen von Besitzern älterer Diesel und auch die Sorgen um negative Folgen für die Beschäftigung bestehen.“Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte zu den rund 5,3 Millionen Software-Updates bei neueren Dieseln, der Bund sei nicht bereit, „endlich durchzugreifen und durch verpflichtende Maßnahmen die Gesundheit der Menschen zu schützen“. Auch Fachjurist Kümmel betont, dass es sich nur um eine politische Absprache ohne Rechtsverbindlichkeit handelt. Misstraue man den Versprechen der Autobauer, müsse man einen möglichen Mangel des Autos samt der Konsequenzen nachweisen: „Ob aufgrund der Ergebnisse des Dieselgipfels konkrete Ansprüche bestehen, müsste man als Verbraucher im Zweifel ebenfalls individuell vor Gericht klären lassen.“5. er rau her- und # - elts h$t'er lei en auf %istan' „Verbraucher warten nach wie vor auf rechtsverbindliche Garantien der Hersteller für alle negativen Auswirkungen einer Nachrüstung“, heißt es beim VerbraucherzentraleBundesverband. GreenpeaceVerkehrsexperte Tobias Austrup sieht eine Mitschuld beim Bundesverkehrsminister: „Es liegt an Dobrindts Blockade der bundesweiten blauen Plakette, dass heute niemand sagen kann, wie genau Verbote aussehen werden.“Die Wahrscheinlichkeit von Fahrverboten sei gestiegen, glaubt Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Denn die Gerichte bewerten die Gesundheit der Menschen als ein höheres Rechtsgut als die Profitinteressen der Autoindustrie.“Die EU-Kommission verlangt, dass Verbraucher durch Maßnahmen zur Minderung des Schadstoffausstoßes keine Nachteile erleiden, etwa im Hinblick auf Spritverbrauch oder Haltbarkeit ihres Fahrzeugs.