Nordwest-Zeitung

Der lange Schatten des Jahres 2007

Vor zehn Jahren erreichte das Banken-Chaos =eutschland – =ie Folgen sind noch spürbar 2as als Schwelbran­d in den USA begann, wuchs sich zu einem weltweiten Flächenbra­nd aus. Manches hat sich seither getan, aber sind die Banken heute sicherer?

- VON JÖRN BENDER UND DANIEL SCHNETTLER

FRANKFURT AM MAIN – Steuermill­iarden für marode Banken – Italiens jüngste Rettungsak­tionen lassen aufhorchen. Sollte nicht alles besser werden nach den Erfahrunge­n der Jahre 2007 und 2008? Abgestimmt­e Aufsicht, strengere Regeln, klarere Haftung. Zehn Jahre nach Ausbruch der größten Finanzkris­e der Nachkriegs­zeit hat die Finanzbran­che in Europa zwar ein Stück weit Vertrauen zurückgewo­nnen. Vollends gelöst sind die Probleme jedoch längst nicht.

„Wir sind nach wie vor in der Auflösung der Krise“, warnt Axel Weber. Der heutige Verwaltung­sratschef der Schweizer Großbank UBS hat die Finanzkris­e als Bundesbank-Präsident erlebt. Er ist überzeugt: „Erst wenn die ganzen schlechten Assets aus den Bilanzen verschwund­en sind, haben wir die Krise überwunden.“EU-weit sitzen Banken noch auf faulen Krediten im Volumen von rund einer Billion Euro – vor allem in Südeuropa. Das weckt böse Erinnerung­en.

Der Stress im Frühjahr 2007 begann weit weg, in irgendeine­m Winkel der USA: Mehr und mehr Hausbesitz­er konnten ihre Kreditrate­n nicht zahlen – Kredite, die sie im Rückblick niemals hätten bekommen dürfen, weil sie einfach zu wenig verdienten. Von „Subprime“– zweitklass­igen US-Immobilien­krediten – hatten bis dato in Deutschlan­d nur Experten gehört.

Dass auch Banker nicht alles verstanden, in das sie investiert­en, offenbarte sich am 30. Juli 2007: „Die Krise des US-amerikanis­chen Hypotheken­marktes im Subprime-Bereich hat sich auf die IKB Deutsche Industrieb­ank AG (IKB) ausgewirkt“, teilte das bis dato eher unbekannte Düsseldorf­er Institut lapidar mit. Die Finanzkris­e hatte die Bundesrepu­blik erreicht. Denn auch deutsche Banken hatten kräftig in Wertpapier­e investiert, denen „Subprime“-Kredite zugrunde lagen.

Eilends schnürten Aufsicht, Politik und Banken im Sommer 2007 ein Rettungspa­ket, galt es doch die erste große Bankenkris­e seit 1931 zu verhindern. Die IKB-Rettung kostete die staatliche Förderbank KfW als damalige Haupteigen­tümerin letztlich rund zehn Milliarden Euro. Es sollte nicht der letzte Feuerwehre­insatz sein. Noch immer hat der damals schnell aufgelegte deutsche Bankenrett­ungsfonds Soffin 14,6 Milliarden Euro im Feuer – alles Steuergeld.

„Eine IKB würden wir heute sicher abwickeln – und auch Banken, die noch um einiges größer sind“, sagt zehn Jahre später der oberste Bankenaufs­eher der Bafin, Raimund Röseler, dem „Handelsbla­tt“. So

blieb die kleine Weserbank während der heißen Phase der Finanzkris­e die einzige Bank in Deutschlan­d, die der Staat umkippen ließ: Die Finanzaufs­icht Bafin schloss das Geldhaus im April 2008.

Spätestens die Pleite des US-Investment­riesen Lehman Brothers Mitte September 2008 machte jegliche Hoffnung auf eine rasche Erholung zunichte. U meinen Ansturm von Sparern auf die Banken zu verhindern, versichert­en Kanzler in Angela Merkel (CDU) und der damalige Finanzmini­ster Peer Steinbrück (SPD) vor laufenden Kameras: „Wir sagen den Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“

Sind Banken heute besser gerüstet und sicherer? Ja, meint Europas oberste Banken abwickl er in, Elke König :„ Wir haben in zehn Jahren eine ganze Menge erreicht. Banken haben heute deutlich mehr Kapital, deutlich besseres Kapital. Und Liquidität wird nicht mehr als gottgegebe­n angesehen.“Will sagen: Die Banken achten besser auf ihr Geld und haben mehr davon auf der hohen Kante. „Auch was die Überwachun­g und die Durchsetzu­ng der Finanzstab­ilität betrifft, sind wir heute in Deutschlan­d und dem Euroraum deutlich besser aufgestell­t als vor der Krise“, ergänzt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.

Dass die weltweit vernetzte Finanzbran­che strengere Regeln brauchte, ist im Grunde unbestritt­en. „Die Finanzkris­e hat schonungsl­os offengeleg­t, welche Lücken in der Regulierun­g bestanden“, bilanziert Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. „Seitdem ist klar: Nicht eine starke Regulierun­g schadet einer Volkswirts­chaft, sondern vielmehr schwache Regeln.“

Ist es deshalb richtig, an internatio­nale Großbanken wie die Deutsche Bank (Bilanzsumm­e: 1591 Milliarden Euro, Mitarbeite­r: 99744 – Stand Ende 2016) weitgehend die gleichen Maßstäbe anzulegen wie an die kleinste der 403 Sparkassen in Deutschlan­d, die Stadtspark­asse Bad Sachsa (Bilanzsumm­e: rund 130 Millionen Euro, Mitarbeite­r: 44 – Stand Ende 2016)?

Nein, meinen Bundesbank, Bafin und Bundesregi­erung und setzen sich auf europäisch­er Ebene für Entlastung­en für kleinere Institute ein („Small Banking Box“). „Wir haben ein Maß an Regulierun­g erreicht, das kleinere Banken über Gebühr und – mit Blick auf ihr Risikoprof­il – unnötig belastet“, konstatier­te Bafin-Präsident Felix Hufeld im Mai. „Das sollten wir ändern – ohne aber Abstriche bei der Stabilität zu machen.“

„Wir sind nach wie vor in der 2uflösung der (rise“AXEL WEBER

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DPA-BILD: MAY Bild mit Symbolkraf­t: Dunkle Wolken hängen Anfang 2008 über der Skyline der Banken-Metropole Frankfurt am Main.
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