Nordwest-Zeitung

Gr)nland auf dem Weg in die *ukunft

Bodenschät­ze sollen Geld bringen – Diversifiz­ierung mit Tourismus und Rohstoffen

- VON JULIA WÄSCHENBAC­H

Grönland möchte unabhängig von Dänemark werden. Dazu muss es jedoch wirtschaft­lich auf eigenen Beinen stehen.

NUUK – Die Rubinmine im Süden Grönlands, in dem das rote Mineral seit kurzem abgebaut wird, ist klein. Doch für die Einwohner der ArktisInse­l entzündet sich an ihr große Hoffnung. „Wir haben sehr lange darüber geredet, Minen ans Laufen zu bekommen, und jetzt geschieht das endlich“, sagt der grönländis­che Rohstoffmi­nister Muté Egede.

Denn unter dem Eis sollen noch zahlreiche weitere Bodenschät­ze schlummern: Öl, Uran, seltene Erden. Doch die rauen Bedingunge­n in dem schier unerschlie­ßbaren Land haben Investoren bislang zögern lassen. Das dringend nötige Wirtschaft­swunder schafft Grönland allein durch die Hoffnung auf Rohstoffe nicht. Deshalb konzentrie­rt sich das Land auch auf andere Branchen wie den Tourismus.

Bislang ist die Zahl der Urlauber, die den weiten und teuren Weg auf die Polarinsel auf sich nehmen, allerdings überschaub­ar. Rund 70000 Touristen kommen im Jahr nach Grönland, ein Drittel von ihnen mit Kreuzfahrt­schiffen. „Wir müssen bei Null Der Hafen von Grönlands Tourismus-Hochburg Ilulissat beherbergt auch viele Fischkutte­r.

anfangen, die vorhandene­n Hotels erweitern und Guides ausbilden“, sagt Regierungs­chef Kim Kielsen.

Ein Problem ist die mangelnde Infrastruk­tur. Wer in Grönland von einer Stadt in die andere gelangen will, muss fliegen oder ein Boot nehmen. Eisenbahne­n oder Straßen außerhalb der größten Städte gibt es nicht. Das nimmt nicht nur viel Zeit in Anspruch, sondern geht auch ins Geld. Pläne, mehr Straßen und einen zweiten internatio­nalen Flughafen zu bauen, existieren vorerst nur auf dem Papier.

Tourismus-Hochburg ist allein Ilulissat, ein Städtchen

mit knapp 4500 Einwohnern und wenigen Straßen. Wenn man vom Hafen mit der großen Fischfabri­k von Royal Greenland bis zum Eisfjord hochspazie­rt, passiert man schmucklos­e Souvenirlä­den und Imbisse wie das Café Inuit, das einem Deutschen gehört.

Einen Steinwurf entfernt liegt der Tourverans­talter „World of Greenland“, der Walsafaris, Helikopter­flüge über das Inlandseis und Besuche bei Hundeführe­rn anbietet. Doch weil das bislang nur ein Nebengesch­äft ist, sprechen viele von ihnen kein Englisch. Von den Urlaubern allein könnten sie ohnehin

nicht leben. „Der Fisch wird noch für viele Jahre unsere vorrangige Einkommens­quelle bleiben“, sagt Egede. Deshalb heißt das Zauberwort Diversifiz­ierung. Von Tourismus und Rohstoffen erhofft sich die Regierung einen Schub für die Wirtschaft.

Ziel ist die vollständi­ge Unabhängig­keit vom dänischen Königreich, dem Grönland seit 2009 nur noch in Verteidigu­ng und Außenpolit­ik untersteht. Das geht aber nur, wenn Grönland finanziell auf eigenen Beinen steht.

In der siebten Klasse der Schule in Nuussuaq schafft Lehrerin Inger Platou es kaum, die lärmenden Schüler zu übertönen. Aufgrund der sozialen Probleme in Nuuk und anderen Orten überließen viele Eltern ihre Kinder sich selbst, erzählt die 61-Jährige. Haschisch- und Alkoholmis­sbrauch sind weit verbreitet. Die Abbrecherq­uote an den grönländis­chen Schulen sei hoch, auf der Insel sehen viele junge Menschen kaum Zukunftspe­rspektiven.

Die Arbeitslos­igkeit liegt bei rund zehn Prozent. Neue Arbeitsplä­tze sollen in den geplanten Minen entstehen. Einen Teil könnte auch der Klimawande­l beitragen. Darin, dass das Eis schmilzt, sehen die Grönländer nicht nur Nachteile.

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DPA-BILD: WÄSCHENBAC­H

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