Zwischen Verkehrsgefahr und Müllbergen
Wie 8xperten Lkw-Wildparken eindämmen wollen – Zu wenig Parkplätze an Autobahnen
Der Lastwagen-Güterverkehr wird weiter wachsen. Digitale Lösungen sind gefragt.
DUISBURG – Lebensgefahr auf der Autobahn durch parkende Lastwagen, Belästigung durch Lärm und Müll von „Wildparkern“, Lkw-Fahrer, die aus Angst vor Überfällen nicht mehr ruhig schlafen können – der Mangel an Lastwagenparkplätzen auf Autobahnen und an Autohöfen entlang der Hauptverkehrsrouten wird immer drückender.
Parkplatz-Neubauten brächten zwar Erleichterung, könnten mit dem starken Wachstum des Lastwagenverkehrs aber nicht Schritt halten, sagt der Sprecher des Speditions-Branchenverbandes VVWL im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW, Marcus Hover. „Das ist ein Hase-und-Igel-Spiel.“
Nach offiziellen Prognosen soll der Lastwagen-Güterverkehr bundesweit von 2010 bis 2030 um 39 Prozent wachsen. Allein in NRW fehlen laut einer Landtagsanfrage schon jetzt 4000 Lkw-Parkplätze. 453 Stellflächen sind in Bau.
Das reiche bei Weitem nicht, sagt Hover. Teils parkten die Fahrer nach langer, vergeblicher Suche an lebensgefährlichen Stellen wie Verzögerungsstreifen Typisches Bild an vielen Autobahnen: ein mit abgestellten Lastwagen vollgeparkter Rastplatz (hier die Raststätte Siegerland Ost an der A 45 bei Freudenberg)
auf der Autobahn. Besonders groß sei der Bedarf an beleuchteten Parkplätzen mit Zaun, weil aus ungeschützt abgestellten LKW immer häufiger nachts die Ladung gestohlen werde.
In einer aktuellen, noch unveröffentlichten Studie der Universität Duisburg-Essen wird nach Lösungen für Kommunen, Verkehrswirtschaft und belieferte Unternehmen gesucht. Die von der EU und dem Land unterstützte Studie soll im Oktober veröffentlicht
werden.
Natürlich seien deutlich mehr Parkplätze nötig. Zugleich müsse der Verkehr mit lokaler Beschilderung und digitalen Parkleitsystemen aber auch besser zu den bestehenden Parkplätzen geführt werden, sagt Andreas Hoene vom Zentrum für Logistik und Verkehr der Hochschule, der an der Studie mitgearbeitet hat. Bisher würden ParkplatzApps fürs Handy vielfach von den Fahrern selbst aktualisiert und führten teils zu ungeeigneten
Standorten.
Außerdem könnten die knappen Parkflächen mit digitaler Steuerung besser ausgenutzt werden – etwa, indem Doppelparkplätze nach Abfahrtszeit in der richtigen Reihenfolge angefahren würden und so Rangierfläche gespart werde. Das sogenannte Kompaktparken werde bereits auf einzelnen Rastanlagen und Autohöfen getestet, sagt Hoene. Ein digitales Anmeldeund Reservierungssystem mit Nennung der Abfahrtszeit könne dabei viel Platz sparen.
Mit Parkplatz-Management für Lastwagen lasse sich womöglich auch Geld verdienen. Der Bedarf nach bewachten Parkplätzen sei groß, auch wenn nicht jeder Lkw-Fahrer bereit oder in der Lage sei, für seinen Lkw-Parkplatz zu zahlen, sagt Hoene. Ein Stellplatz auf einem privatbetriebenen Lkw-Autohof kostet über Nacht rund 10 Euro, die meist anteilig als Verpflegungsgutschein angerechnet werden.
Wünschenswert sei außerdem die Öffnung ungenutzter Betriebsparkplätze für Fremdunternehmen – ein ParkplatzSharing, ebenfalls digital gesteuert. Hier gebe es bereits erste Modelle etwa von Bosch in Stuttgart, sagte Hoene.
Außerdem könnten Ausweichparkplätze mit SelfCheckin-Terminals, Verpflegung und Toiletten für zu früh oder zu spät gekommene Lastwagen eingerichtet werden, empfiehlt der Verkehrsfachmann. Denn heutige Logistikketten sind eng aufeinander abgestimmt.
Kommt es an einem Logistik-Hub zu Verspätung bei Bahn oder Schiff, müssen auch Lkw auf ihre Ladung warten. Die Lkw bekommen für die Einfahrt in große Werke aber zunehmend enge Zeitvorgaben. Oft bilden sich deshalb insbesondere in den Morgenstunden vor den Werkstoren lange Schlangen.