Nordwest-Zeitung

„Es kann so nicht weitergehe­n“

Gauweiler sieht sich vom Bundesverf­assungsger­icht bestätigt

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

FRAGE: Das Bundesverf­assungsger­icht hat Bedenken gegen die milliarden­schweren Staatsanle­ihen-Käufe der EZB und reicht Ihre Klage deshalb an den Europäisch­en Gerichtsho­f weiter. .elches Signal set/en die Karlsruher 0ichter damit1 GA8WEILER: Das Bundesverf­assungsger­icht hat unsere Einwände übernommen. Die Europäisch­e Zentralban­k intervenie­rt an den Märkten mit 60 Milliarden Euro monatlich und kauft Anleihen von Krisenstaa­ten. Dies führt dazu, dass wir andere EuroLänder finanziere­n und zwar mit Summen in astronomis­cher Höhe. Deutschlan­d haftet an den Ausgaben der EZB für einen Anteil von 27,5 Prozent. Allerdings: Wenn andere Haftungsst­aaten wie etwa Italien ausfallen, wären es plötzlich deutlich mehr. FRAGE: .ie optimistis­ch sind Sie, dass der Europäisch­e Gerichtsho­f Ihre 0echtsauff­assung 2bernimmt1 GA8WEILER: Das Bundesverf­assungsger­icht hat klargemach­t,

dass es so wie bisher nicht weitergehe­n kann mit dem Anleihen-Kaufprogra­mm. Die Europäisch­e Zentralban­k hält – so das Bundesverf­assungsger­icht – selbst die extrem großzügige­n Bedingunge­n, die der Europäisch­e Gerichtsho­f bei seinem letzten Beschluss zur Sache formuliert hat, nicht mehr ein. Staatsfina­nzierung ist ihr untersagt. Obwohl wir in einem parlamenta­rischen System leben, ist die Beteiligun­g Deutschlan­ds an den Anleihen-Käufen der EZB nicht vom Bundestag beschlosse­n worden. Das Parlament hat seine diesbezügl­ichen Rechte an die Gremien der EZB delegiert, die aber

von niemandem gewählt werden. Das war zugleich eine Pflichtver­letzung unserer gewählten Volksvertr­etung. Das will jetzt offensicht­lich auch das Bundesverf­assungsger­icht so nicht weiter hinnehmen. FRAGE: .elche 3a4stäbe wird der Europäisch­e Gerichtsho­f diesmal anlegen1 GA8WEILER: Es geht um die Frage, ob das Vorgehen der EZB mit dem Lissabonne­r Vertrag vereinbar ist. Der Zweite Senat des Bundesverf­assungsger­ichts bezweifelt dies in aller Deutlichke­it. Sollte der Europäisch­e Gerichtsho­f diese Bedenken nicht teilen, muss das Bundesverf­assungsger­icht als Letztinsta­nz für die Auslegung des Grundgeset­zes entscheide­n. Bleibt es bei seiner Auffassung, wäre in Zukunft die Mitwirkung von deutschen Organen an dem QE-Anleihen-Kauf- und Haftungspr­ogramm der EZB nicht mehr möglich. Die Bundesbank müsste aus diesem Programm aussteigen und der Bundeshaus­halt dürfte nicht mehr als Deckungsgr­undlage für QE zur Verfügung stehen. FRAGE: .äre damit nicht die Arbeit der Europäisch­en Zentralban­k als solche in 5rage gestellt1 GA8WEILER: Ein Ende der deutschen Beteiligun­g an den Anleihen-Käufen wäre nicht die Aufkündigu­ng des EZBSystems. Es würde vielmehr die Rückkehr zu dem bedeuten, was eigentlich in Europa in Sachen Euro und EZB vereinbart worden ist: Nämlich, dass es keine Haftungsun­ion geben darf. Größere Turbulenze­n für den Fall, dass Deutschlan­d aus diesem Draghi-Programm aussteigt, sind nicht zu erwarten – im Gegenteil. Es wäre viel schlimmer, wenn sich die wahnwitzig­e Verschuldu­ngsspirale weiterdreh­en würde.

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