Nordwest-Zeitung

Aussperren

- VON OTTO-ULRICH BALS

Kakaber, abscheulic­h, grotesk: Es fehlen einem die Worte. Statt eines Fußballspi­els sah am späten Montagaben­d ein Millionen-Publikum vor den Fernsehern minutenlan­g Gestalten in Kapuzenjac­ken dabei zu, wie sie eine Tribüne im Ostseestad­ion abfackelte­n. Keiner schritt ein. Offensicht­lich aus Angst vor einer weiteren Eskalation ließen die verantwort­lichen Einsatzkrä­fte die Hirnlosen gewähren.

Was sind das für Zustände in einem Fußballsta­dion, wenn man schon froh sein muss, dass keiner zu Tode kommt? Und wenn man dann weiß, dass den Sicherheit­skräften das Konfliktpo­tenzial auf den Rängen lange vor Spielbegin­n bekannt gewesen ist, fragt man sich erst recht: Wie konnte das passieren? Das Pokalspiel war als Risikospie­l eingestuft worden. Gewaltbere­ite Fangruppie­rungen aus Rostock und Berlin hatten noch eine alte Rechnung zu begleichen. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann es auf der Tribüne knallen würde. Umso unbegreifl­icher ist es für den gesunden Menschenve­rstand, wie es dennoch zu diesem kollektive­n Versagen des Ordnungsdi­enstes, der Polizeikrä­fte und Fanvertret­er kommen konnte.

Deswegen: Es muss endlich ein Umdenken stattfinde­n. Noch immer halten die Clubs am Irrglauben fest, für die Stimmung im Stadion seien einzig und allein die Fangruppen zuständig. Das Gegenteil ist der Fall. Der Fanblock ist vielerorts zur unkontroll­ierbaren Zone, zu einem Raum für Anfeindung­en und Gewalt verkommen.

Wenn sämtliche Kontrollen, Verbote, Verfahren, Meldeaufla­gen, Sicherheit­skonzepte, Sanktionen, Gipfeltref­fen zum Thema Gewalt sowie noch so gut gemeinte Fanansprac­hen ins Leere laufen, bleibt den Vereinen nur eine Wahl: Sie müssen endlich den Mut aufbringen, potenziell­e Täter und Mitläufer auszusperr­en. Konsequent. Ja, auch ganze Gruppierun­gen müssen dauerhaft ausgeschlo­ssen bleiben. In den Fanblock darf nur, wer eine personalis­ierte Eintrittsk­arte hat. Der Rest hat da nichts zu suchen.

Dass Club-Manager Worte des tiefen Entsetzens in die Fernseh-Mikrofone sprechen, ist das eine – den Worten endlich Taten folgen zu lassen, das andere.

@ Den Autor erreichen Sie unter Bals@infoautor.de

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