Wenn Künstler auf den Hund kommen
Fotoband „Menschen wie wir“von William Wegman – Jahrzehntelange Passion
Weimaraner stehen im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit. Die kreative Zusammenarbeit von Hund und Mensch besteht seit über 40 Jahren.
MÜNCHEN – Ob Maler oder Bildhauer, Choreografen oder Regisseure – alle Künstler haben ihre Musen. Sie sind Inspirationsquelle, künstlerisches Objekt und manchmal auch lebenslanger Partner auf einer gemeinsamen Bühne oder in einer Beziehung. Die Musen des US-amerikanischen Fotografen William Wegman sind Weimaraner.
Die bis zu 70 Zentimeter großen Jagdhunde mit den bernsteinfarbenen Augen gelten als ausdauernd und anhänglich und haben Wegmans Kunst maßgeblich geprägt. Der heute 73-Jährige war der erste Künstler, der die Hunde in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellte. „Ich habe es geliebt, mit all den Hunden zu arbeiten und könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen“, sagt er rückblickend.
Im Münchner Verlag Schirmer-Mosel ist jetzt in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker William A. Ewing der Fotoband „Menschen wie wir“mit einer großen Auswahl aus Wegmans fotografischem Gesamtwerk erschienen. Der Band enthält über 300 Fotografien aus den vergangenen Gut behütet: Fotografie „Hat Dogs“aus dem Jahr 2013 mit den Weimaranern Bobbin (links) und Flo – Kleines Bild: Cover des Fotobandes
40 Jahren, viele davon sind Erstveröffentlichungen.
Die Bilder sind zum großen Teil mit einer Polaroid-20x24Kamera
aufgenommen worden und reichen von Aktdarstellungen und Porträts bis hin zu raffiniert komponierten Bilderwelten. Wegman zitiert mit feinem Witz und Humor aus der Modefotografie und früheren Kunstepochen. Die Bilder dokumentieren eine jahrzehntelange Passion und sind ein Genuss für alle, denen Wegmans Werk bisher unbekannt war, aber auch für jene, die seine Kunst bereits seit vielen Jahren kennen.
Die kreative Partnerschaft von Mensch und Hund beginnt 1970 mit dem Weimaraner Man Ray und wird elf Jahre andauern. Wegman ist zu Beginn der Zusammenarbeit alles suspekt, was in Richtung niedlich oder schön gehen könnte. Aber Man Ray habe diese Haltung ins Wanken gebracht, gesteht er in einem Gespräch mit William Ewing.
Man Rays Nachfolge tritt die Hündin Fay Ray an. Sie bringt 1989 auf der Couch in Wegmans Atelier acht Welpen zur Welt. Es ist ein magischer Moment für den Künstler. Er kann sich gar nicht satt sehen an den Hunden und fotografiert sie jeden Tag. Die Fay-Familie avanciert Anfang der 90er Jahre zur Schauspielerdynastie mit Auftritten in der „Sesamstraße“und beim Sundance Filmfestival.
Heute weichen die Weimaraner Topper und Flo nicht von Wegmans Seite, sowohl künstlerisch als auch privat. Mittlerweile fotografiert er digital, aber auf eine Nachbearbeitung
der Aufnahmen verzichtet er nach wie vor. „Meine Hunde sind geradezu versessen darauf, fotografiert zu werden“, sagt er. Jeder Hund habe seine besonderen Eigenschaften, der eine habe einen majestätischen Kopf, der andere eine schöne Brust oder könne eindrucksvoll Dinge balancieren. Aber kein Hund müsse erst verkleidet werden, um menschlich zu erscheinen. Wegman tut es dann doch, um dem Betrachter einen Spiegel vorzuhalten.