Jeder 49. Arbeitsplatz hängt vom Auto ab
BMW weltweit drittgrößter Elektroautohersteller – Zahlreiche Patente
BERLIN – Die Verfehlungen der deutschen Autobauer sind auch Thema im Bundestagswahlkampf. Fallenlassen will man die Branche aber nicht. Zu wichtig für Deutschland, sagen sowohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU), als auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) oder Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Und natürlich Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der noch einmal betonte: „Wir sind eine Automobilnation, und wir wollen auch eine Automobilnation bleiben.“Der Faktencheck:
Besitzen die Deutschen mehr Autos als andere?
Nein. Auf 100 Einwohner kommen hierzulande laut OECD 54 Autos in Privatbesitz. Damit liegt Deutschland zum Beispiel hinter Finnland, Luxemburg, Italien oder auch den Vereinigten Staaten von Amerika.
Wie viele Arbeitsplätze hängen an der Industrie
Tatsächlich arbeiteten im vergangenen Jahr bei den Autoherstellern und den Herstellern von Kfz-Teilen 0,81 Millionen Menschen. Insgesamt gab es in Deutschland 39,29 Millionen Arbeitnehmer (und weitere 3,3 Millionen Selbstständige und Unternehmer). Das bedeutet, dass etwa jeder 49. Arbeitsplatz dem Kern der deutschen Autoindustrie zuzurechnen ist. Natürlich strahlt die Autoindustrie darüber hinaus auf die Volkswirtschaft ab. Der Wissenschaftler Michael Rothgang vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung kam laut einem Arbeitspapier, das Journalistico vorliegt, für das Jahr 2005 auf 1,66 Millionen Arbeitsplätze, die mit der Autoproduktion in Deutschland zusammenhängen.
Wie wichtig ist die Branche für Innovationen
Der ZEW-Studie zufolge hat die Branche in den Jahren 2004 bis 2006 einen Anteil von vier bis sechs Prozent an allen Anlageinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft gehabt. Vielleicht am bedeutendsten ist die Automobilindustrie für die Innovationsleistung Deutschlands. Gut 30 Prozent der gesamten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gingen im Jahr 2007 laut ZEW auf diese Branche zurück.
Bleibt Deutschland eine Autonation
Das hängt davon ab, ob den Autoherstellern die Anpassung an die Zukunft gelingt. Zwei Entwicklungen setzen sie dabei unter Druck: der Trend zu umweltfreundlicheren Autos und der zu neuen Mobilitätskonzepten. Was umweltfreundliche Autos betrifft, so wird den deutschen Herstellern vorgeworfen, sie seien nicht fortschrittlich genug. Das trifft allerdings nicht durchweg zu. So ist BMW inzwischen der drittgrößte Elektroautohersteller der Welt. Zudem wird Angaben des Ifo-Instituts zufolge mehr als jedes dritte Patent für Elektroautos weltweit von deutschen Unternehmen angemeldet.
Daniel Baumann stellt für das Journalistico-Recherche-Team Politikeraussagen auf den Prüfstand.