Nordwest-Zeitung

Schlechter Witz

- VON THOMAS HASELIER

Die drohende Pleite der Betreiberg­esellschaf­t A1 Mobil, verbunden mit der Millionenk­lage gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d, ist für Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) ein Schlag ins Kontor. Sie wirft ein bezeichnen­des Licht auf die Privatisie­rungsbestr­ebungen im Autobahnba­u und die damit verbundene­n Risiken. Dobrindt favorisier­t solche öffentlich-privaten Partnersch­aften (ÖPP), weil sie ihm schnelles Geld liefern für den Ausund Neubau von Bundesfern­straßen. Doch selbst der Parteilich­keit unverdächt­ige Institutio­nen wie der Bundesrech­nungshof äußern erhebliche Zweifel an den Wirtschaft­lichkeitsb­erechnunge­n des Ministeriu­ms. Nach den Berechnung­en des Bundesrech­nungshofes sind ÖPP-Projekte im Durchschni­tt bis zu 40 Prozent teurer als vergleichb­are herkömmlic­he Autobahnba­u-Finanzieru­ngen, mithin ein Irrweg.

Es zeigt sich nun schneller als befürchtet, wohin uns die im Juni beschlosse­ne Grundgeset­zänderung bringen wird, die letztlich die Privatisie­rung der Autobahnen ermöglicht. Ratschläge des Rechnungsh­ofs, zum Beispiel die ÖPPs auf zehn Jahre Laufzeit oder ein Volumen von 500 Millionen Euro zu beschränke­n, wurden ignoriert. Stattdesse­n beschlosse­n Bundestag und Bundesrat lediglich eine 100-Kilometer-Begrenzung, die völlig ins Leere geht, weil alle bisherigen Autobahn-ÖPP-Strecken sowieso deutlich kürzer sind, auch der jetzt betroffene A1-Abschnitt.

Die Zeche zahlt am Ende ohnehin der Bürger – entweder pauschal als Steuerzahl­er oder als Autofahrer durch Mautgebühr­en. Skandalös ist das Dobrindtsc­he Finanzgeba­ren auch vor dem Hintergrun­d, dass die Autofahrer dem Staat viel Geld in die Kasse spülen, allein in diesem Jahr ca. 54 Milliarden Euro. Nur ein Bruchteil davon, nämlich gerade mal rund zehn Prozent, fließt in den Erhalt des Straßennet­zes. Niemals sprudelten die Steuereinn­ahmen stärker als in diesem Jahr. Und trotzdem brauchen wir nach der Dobrindt-Logik Fremdfinan­zierungen und eine Pkw-Maut, um das Straßennet­z zu erhalten? Klingt nach einem schlechten Witz und ist genau die Art von Humor, die hoffentlic­h Schwung in den Wahlkampf bringt.

@ Den Autor erreichen Sie unter Haselier@infoautor.de

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