Schulz im Angriffsmodus
20 Millionen Zuschauer verfolgen TV-Duell der Spitzenkandidaten Martin Schulz brachte die Kanzlerin bei den Themen Flüchtlingskrise und Türkei in die Defensive. Angela Merkel musste sich rechtfertigen.
BERLIN – SPD-Herausforderer Martin Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim einzigen TV-Duell im Bundestagswahlkampf Fehler in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. Der SPD-Vorsitzende kritisierte am Sonntagabend, dass Merkel sich zu Beginn der Flüchtlingskrise
im Herbst 2015 nicht mit den europäischen Partnern abgestimmt habe.
Wenn sie sage, sie würde alles wieder so machen wie 2015, könne er nur sagen: „Dazu würde ich nicht raten.“Eine europäische Lösung wäre weniger zulasten Deutschlands gegangen. Merkel verteidigte ihre Entscheidung von vor zwei Jahren, in Ungarn festsitzenden Migranten und Flüchtlingen den Weg nach Deutschland zu ebnen.
Sie habe damals nicht anders handeln können. „Es musste entschieden werden.“Es sei klar gewesen, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban sich nicht solidarisch zeigen würde.
Das Duell wurde von den vier Sendern ARD, ZDF, RTL und Sat.1 veranstaltet und ausgestrahlt. Es wurde erwartet, dass bis zu 20 Millionen Zuschauer den Schlagabtausch verfolgen. Das TV-Duell gilt als Höhepunkt des bisher eher müde verlaufenden Bundestagswahlkampfs.
Merkel äußerte sich zurückhaltend zu dem von Schulz geforderten Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Sie verwies darauf, dass dafür ein einstimmiger Beschluss der EU nötig sei. Sie werde mit ihren „Kollegen noch einmal reden, ob wir zu einer gemeinsamen Position kommen können und diese Beitrittsverhandlungen auch beenden können“. Schulz mahnte trotz der positiven Wirtschaftslage mehr Gerechtigkeit an. „Ja klar, ist Deutschland ein wohlhabendes Land, aber nicht alle Menschen in unserem Land sind wohlhabend.“Er nannte als Beispiele kostenlose Kitas und Reformen, um sinkende Renten zu verhindern.