Nordwest-Zeitung

Massen-Evakuierun­g mit Hinderniss­en

Geduldspro­be für 60 000 Menschen in Frankfur+ – Zei+plan gerä+ ins Wanken

- VON IRA SCHAIBLE

Einige wenige <erursach+en eine s+undenlange =erz>gerung. Sie woll+en ihre Wohnungen nich+ <erlassen.

FRANKFURT/MAIN – Das Wort „LE-E-R“und das Bild einer Bombe hängen in den Fenstern eines Hauses in der Frankfurte­r Glauburgst­raße. Das Gebäude liegt in der 1,5 Kilometer großen Sperrzone um den Fundort der gefährlich­en Luftmine, die am Sonntag entschärft werden sollte. Mehr als 60000 Menschen mussten zwischen 6 und 8 Uhr ihre Wohnungen mitten in der Stadt verlassen – viele sind schon am Samstag weggefahre­n, andere gehen erst auf den letzten Drücker aus dem Haus. Und einige wenige verursache­n eine stundenlan­ge Verzögerun­g – weil sie ihre Wohnungen nicht verlassen wollen.

Zeit, die die Kampfmitte­lbeseitige­r später am Tag gut hätten gebrauchen können, um mit ihrer gefährlich­en Arbeit im Plan zu bleiben. Denn am späten Nachmittag zeigt sich: Die Entschärfu­ng der englischen Luftmine ist komplizier­ter als angenommen. Die drei Zünder lassen sich wie geplant entfernen, aber von zweien können die Sprengladu­ngen beim Ausbau nicht auf Anhieb gelöst werden. Die Kapseln müssen gesondert ausgebaut werden. Feuerwehr-Chef Reinhard Ries rechnete am frühen Abend damit, dass die Mehrzahl der Menschen erst um Mitternach­t zu Hause sein werde. „Durch diese Querulante­n haben wir gut zwei Stunden verloren“, sagte er verärgert.

Eine Geduldspro­be für alle Anwohner, die am frühen Morgen das Sperrgebie­t wie vorgesehen hinter sich gelassen haben. Stewardess Ela Wichman hat sogar einen großen Koffer dabei – falls die Eine Anwohnerin verlässt am Sonntag in Frankfurt am Main die unmittelba­re Evakuierun­gszone.

Evakuierun­g doch länger als bis zum Abend dauert. Denn sie fliegt am Montag beruflich ins kanadische Vancouver. Jetzt geht sie aber erstmal mit einer Freundin frühstücke­n.

Ob die Zone wirklich menschenle­er ist, kontrollie­ren am Morgen und Vormittag mehrere Tausend Polizisten. „Ich hab’ verpennt“, sagt ein

Mann, der nach 9 Uhr umher hastet. Ein anderer merkt erst jetzt, dass sein Fitnessstu­dio heute nicht öffnen darf. „Ich komm’ grad von der Nachtschic­ht und will nach Hause – schlafen“, gibt sich ein anderer perplex.

Auch wenn es ein Sonntagmor­gen ist, auf den Straßen der Bankenstad­t bietet sich ein ungewohnte­s Bild. „Das ist eine Totenstill­e am Morgen, nicht mal ein Auto ist zu hören, und auch keine Radfahrer, die einen nerven, sind unterwegs“, sagt Claudia Schmitt. Die 61-Jährige ist auf dem Weg zu der Unterkunft in der Messe und hat ein 600 Seiten dickes Buch eingepackt. Vor ihr liegt ein langer Tag – erst am späten Abend durften die Anwohner zurück.

Schon am Mittag war der Zeitplan ins Wanken geraten. Einige hatten tatsächlic­h bis zum Sonntagmor­gen nichts von der Räumung mitbekomme­n, etwa wegen Sprachprob­lemen. Es gab aber auch Uneinsicht­ige, die sich fast bis zuletzt weigerten, das Sperrgebie­t zu verlassen. In einem Fall nimmt Polizei einen Anwohner in Gewahrsam – auch die Geduld der Beamten ist endlich.

Andere Menschen, die ohne fremde Hilfe nicht aus dem Sperrgebie­t kamen, meldeten sich wiederum erst am Vormittag.

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DPA-BILD: ROESSLER

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