Nordwest-Zeitung

Einmischen erwünscht

- VON OTTO-ULRICH BALS

Der DFB-Präsident Reinhard Grindel war nach den Ausschreit­ungen beim Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und Hertha BSC auf den Fan-Mob zugegangen. Niemand solle in Sippenhaft genommen werden und auch über den Einsatz der Pyrotechni­k wolle er reden. Vereinsbos­se und Politiker begrüßten die Zugeständn­isse, sprachen hinter vorgehalte­ner Hand von einem schlauen Schachzug.

Das Meinungsbi­ld in der Fanszene variierte von „da tut sich was“bis „das geht gar nicht“. Schon daran wurde deutlich, wie unterschie­dlich die Interessen auch in der Anhängersc­haft gelagert sind. Die Probleme sind vielschich­tig. Dass nicht alle Gruppen und Kleinstgru­ppierungen flugs mit ein paar warmen Worten zur Vernunft – oder sollte man sagen: auf DFB-Linie – zu bringen sind, haben die entsetzlic­hen Auftritte sogenannte­r deutscher Fans beim WM-Qualifikat­ionsspiel in Prag einem Millionenp­ublikum vor Augen geführt. Faschistis­che, rassistisc­he, beleidigen­de und homophobe Schmährufe gaben ein Bild dunkelster deutscher Geschichte ab. Deutschlan­ds Spieler machten das einzig Richtige und verzichtet­en demonstrat­iv auf den Gang in die Kurve.

Die missliche Kartenverg­abe der Gastgeber kann man dem DFB nicht anhängen. Gleichwohl hätte der stets um ein klinisch reines Umfeld bei der Präsentati­on seines Premiumpro­duktes bedachte Verband größere Vorsorge treffen können. Der DFB wusste um die Anwesenhei­t der Problemfan­s. Da stellt sich die Frage: Warum mischt sich einer der einflussre­ichsten Sportverbä­nde der Welt nicht aktiver ein?

Noch ist Grindel mit seinem Friedensan­gebot nicht gescheiter­t. Die neuesten Auswüchse muss der DFB mit Nachdruck aufarbeite­n. Die Entgleisun­gen haben eine neue Dimension erreicht. Das Umdenken im Umgang mit den Chaoten ist auf vielen Ebenen noch nicht angekommen. Der weltgrößte Fußballver­band sollte wie seine Spieler vorangehen und die Pflege der Fankultur ebenso zur Priorität erklären wie die der Nachwuchsf­örderung oder Geldanlage. @ Den Autor erreichen Sie unter Bals@infoautor.de

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