Nordwest-Zeitung

Kampf für Gerechtigk­eit fordert Opfer

„Michael Kohlhaas“wird im Kleinen Haus erstmalig aufgeführt

- VON JENNIFER ZAPS

OLDENBURG – „Es ist 100 Prozent von vorne bis hinten Kleist“, beschreibt Dramaturg Marc-Oliver Krampe die Fassung von „Michael Kohlhaas“, die er gemeinsam mit Regisseur Karsten Dahlem ersonnen hat, um aus der Novelle von Heinrich von Kleist ein Drama für die Bühne zu schaffen.

Der Pferdehänd­ler Michael Kohlhaas macht sich auf den Weg, um einige seiner Pferde zu verkaufen. Als er eine Landesgren­ze passiert, verlangt die herrschend­e Familie von Tronka einen Passiersch­ein von ihm. Da er diesen nicht hat, hinterläss­t er zwei seiner Pferde und seinen Knecht als Pfand und versucht, den Passiersch­ein nachträgli­ch zu bekommen. Doch es stellt sich heraus, dass es für diesen Schein gar keine rechtliche Grundlage gibt. Für Kohlhaas kann es sich nur um ein Missverstä­ndnis handeln. Er kehrt zurück um seine Pferde wieder abzuholen, doch diese sind inzwischen für die Feldarbeit

missbrauch­t worden, völlig abgemagert und somit wertlos. Kohlhaas schlägt den juristisch­en Weg ein, doch seine Klage wird abgewiesen. Der nächste Versuch, sich Gehör zu verschaffe­n, endet sogar mit dem Tod seiner Frau. Es beginnt ein außerorden­tlicher Gewaltexze­ss im Versuch, Gerechtigk­eit zu erfahren.

Am Donnerstag, 7. September, feiert das Stück seine Premiere im Kleinen Haus des Staatsthea­ters. Formal erwartet den Zuschauer eine Mischung aus szenischem Theater und Erzählthea­ter. Die Spieler übernehmen verschiede­ne Rollen, diese werden aber nicht unbedingt explizit benannt. Und so ergibt es sich manchmal auch, dass die Spieler das Geschehen einfach nur erzählen, um direkt danach wieder in eine Szene einzusteig­en.

Die Handlung der Novelle wurde verdichtet und mit Briefen von Kleist angereiche­rt, die er seiner Halbschwes­ter, seiner Verlobten oder alten Freunden aus der Militärzei­t geschriebe­n hat. „Der Autor hat wahnsinnig viele Überschnei­dungen mit seinen Figuren. Die Zerrissenh­eit, Desorienti­erung und Wut seiner Figuren hat der Autor alle auch“, begründet Krampe dieses Vorgehen.

Unterstütz­t werden die Schauspiel­er durch die Kompositio­nen von Hajo Wiesemann. Er hat teilweise Textstelle­n vertont, teilweise andere Quellen als Grundlage verwendet, wie die Ballade von Hans Kohlhaas aus den 1950er Jahren. So wird zum Teil von den Schauspiel­ern gesungen, oft ist die Musik

aber auch einfach Hilfsmitte­l, zum Beispiel um Gewaltausb­rüche zu verdeutlic­hen. Es werden dafür immer drei Musiker mit auf der Bühne sein.

Von Inga Timms Bühnenbild kann man häufige Veränderun­gen erwarten. Es wird technisch alles ausgereizt, was die Bühne des Kleinen Hauses hergibt. „Die Frage ist ja außerdem immer, wenn Kohlhaas auf die Bühne gebracht wird, wie werden die Pferde dargestell­t“, erzählt Dramaturg Krampe. Mit der Antwort möchte er aber noch nicht zu viel verraten. „Wir haben von einem auswärtige­n Künstler eine aufwendige Plastik hergestell­t bekommen. Ich finde, sie ist großartig geworden.“

In der Rolle des Kohlhaas ist Klaas Schramm zu sehen. Seine Frau Lisbeth wird von Rebecca Seidel gespielt. Die von Tronkas (Hinz, Kunz und Junker Wenzel) werden von Jan Breustedt, Rajko Geith und Nientje C. Schwabe verkörpert. Letztere wird auch als Luther zu sehen sein. Außerdem tritt Fabian Felix Dott als Kohlhaas‘ Knecht Herse auf.

 ?? BILD: STEPHAN WALZL ?? Ein Mann versucht, Gerechtigk­eit zu erlangen: Pferdehänd­ler „Michael Kohlhaas“kämpft im gleichnami­gen Stück gegen die Aristokrat­ie und die Ungerechti­gkeit und verliert dabei mehr als ihm lieb ist.
BILD: STEPHAN WALZL Ein Mann versucht, Gerechtigk­eit zu erlangen: Pferdehänd­ler „Michael Kohlhaas“kämpft im gleichnami­gen Stück gegen die Aristokrat­ie und die Ungerechti­gkeit und verliert dabei mehr als ihm lieb ist.

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