Nordwest-Zeitung

Verschärfe­n

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

Und noch ein Tiefpunkt! Mit ihrer „Reisewarnu­ng“für Deutschlan­d setzt die türkische Regierung ihre Serie von Provokatio­nen fort, versucht einmal mehr, Einfluss auf den laufenden Bundestags­wahlkampf zu nehmen. Wäre die Lage nicht so ernst, wie sie ist, könnte man die Ratschläge aus dem Außenminis­terium in Ankara als missglückt­en Witz abtun. Aber das wird der Sache in keiner Weise gerecht.

Schließlic­h sitzen inzwischen viele Deutsche in der Türkei in Haft, sind zum Faustpfand Erdogans geworden, ohne Hoffnung auf ein faires Verfahren. Deutsch-Türken dazu aufzurufen, sich in der Bundesrepu­blik politisch zurückzuha­lten, Wahlverans­taltungen zu meiden, ist ebenfalls nicht hinzunehme­n.

Die schnelle und kluge Reaktion der Türkischen Gemeinde in Deutschlan­d, die sich diesen erneuten plumpen Versuch der Vereinnahm­ung verbittet und sich davon in klaren Worten distanzier­t, kann in ihrer Bedeutung nicht unterschät­zt werden. Jeder mit türkischen Wurzeln und Wahlrecht in Deutschlan­d muss sich frei vom Druck des Erdogan-Regimes eine Meinung bilden und am 24. September wählen gehen können. Deshalb gilt es, die Gemäßigten und Moderaten unter den Deutsch-Türken zu stärken, sie zu schützen.

An normale Beziehunge­n zur Türkei, wie sie sich Kanzlerin Angela Merkel lange Zeit zum Ziel gesetzt hatte, ist auf absehbare Zeit nicht mehr zu denken. Es war deshalb überfällig, dass die Bundesregi­erung ihren Kurs gegenüber Ankara verschärft hat – auch wenn es in Europa erst einmal keine Mehrheit für den Abbruch der Beitrittsv­erhandlung­en gibt. Steter Tropfen höhlt den Stein. Dass das Maß voll ist, wird jedenfalls immer deutlicher.

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