Verschärfen
Und noch ein Tiefpunkt! Mit ihrer „Reisewarnung“für Deutschland setzt die türkische Regierung ihre Serie von Provokationen fort, versucht einmal mehr, Einfluss auf den laufenden Bundestagswahlkampf zu nehmen. Wäre die Lage nicht so ernst, wie sie ist, könnte man die Ratschläge aus dem Außenministerium in Ankara als missglückten Witz abtun. Aber das wird der Sache in keiner Weise gerecht.
Schließlich sitzen inzwischen viele Deutsche in der Türkei in Haft, sind zum Faustpfand Erdogans geworden, ohne Hoffnung auf ein faires Verfahren. Deutsch-Türken dazu aufzurufen, sich in der Bundesrepublik politisch zurückzuhalten, Wahlveranstaltungen zu meiden, ist ebenfalls nicht hinzunehmen.
Die schnelle und kluge Reaktion der Türkischen Gemeinde in Deutschland, die sich diesen erneuten plumpen Versuch der Vereinnahmung verbittet und sich davon in klaren Worten distanziert, kann in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. Jeder mit türkischen Wurzeln und Wahlrecht in Deutschland muss sich frei vom Druck des Erdogan-Regimes eine Meinung bilden und am 24. September wählen gehen können. Deshalb gilt es, die Gemäßigten und Moderaten unter den Deutsch-Türken zu stärken, sie zu schützen.
An normale Beziehungen zur Türkei, wie sie sich Kanzlerin Angela Merkel lange Zeit zum Ziel gesetzt hatte, ist auf absehbare Zeit nicht mehr zu denken. Es war deshalb überfällig, dass die Bundesregierung ihren Kurs gegenüber Ankara verschärft hat – auch wenn es in Europa erst einmal keine Mehrheit für den Abbruch der Beitrittsverhandlungen gibt. Steter Tropfen höhlt den Stein. Dass das Maß voll ist, wird jedenfalls immer deutlicher.
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