Nordwest-Zeitung

Florida steckt in der Schockstar­re

„Irma3 zieht ihre zerstöreri­sche Bahn – 6,5 Millionen Menschen suchen Sicherheit

- VON SASKIA FRÖHLICH UND MICHAEL DONHAUSER

Nach seinem verheerend­en Zug durch die Karibi: ;<tet der gro=e Or:an nun im US-Bundesstaa­t. Das öffentlich­e >eben steht in gro=en Teilen still.

PALM BEACH/FORT MYERS – Florida in der Schockstar­re: Das öffentlich­e Leben steht in großen Teilen des US-Bundesstaa­tes still. Sechsspuri­ge Highways – leer gefegt. Tankstelle­n – leergepump­t. Auf den Keys, ganz im Süden, sterben erste Menschen, als sie die Kontrolle über ihre Autos verlieren. Mehr als eine Million Haushalte sind ohne Strom.

Fast jeder der 20 Millionen Einwohner Floridas ist irgendwie betroffen; 6,5 Millionen von ihnen wurde aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Es könnte der schlimmste Sturm werden, der die Halbinsel im Süden der USA je getroffen hat. 1992 hatte Hurrikan „Andrew“den Bundesstaa­t flächendec­kend verwüstet. „Irma“könnte noch schlimmer werden.

Hotelzimme­r ausgebucht

Im Südwesten, wo der Hurrikan im Laufe des Sonntags mit Windgeschw­indigkeite­n um die 200 Kilometer pro Stunde aufs Festland treffen sollte, ist kein einziges Geschäft mehr geöffnet. „Es wird schlimm, es wird eine Katastroph­e“, sagt eine Frau, als sie gerade im letzten offenen Laden noch ein paar Lebensmitt­el einheimst. Der Hurrikan ist nicht mehr weit. Wer sollte dort auch einkaufen? Die Menschen sind großteils geflohen: Wer konnte, hat Florida verlassen. Wer Glück hatte, fand ein Hotel, außerhalb der Evakuierun­gszone. Im Westen Floridas, bis hinauf nach Tampa, sind Hotelzimme­r in halbwegs sicherer Lage komplett ausgebucht. Einige bleiben im eigenen Haus, verrammelt mit Sperrholzp­latten und Metallpane­elen.

Im Südosten, um Miami und Palm Beach herum, toben Tornados. Die Menschen

fürchten, dass Sturmflute­n das Meerwasser hereinwasc­hen. Bis zu vier Meter hoch könnten die Wellen werden, dort wo jetzt Häuser stehen und Straßen entlangfüh­ren.

„Mein Dach stammt aus der Zeit vor Hurrikan Andrew“, sagt Steve Pietrzyk

(53), ein Mann aus Bonita Springs, an der Westküste. Deswegen hat er mit seiner Frau Lynn Unterschlu­pf im Motel „Days Inn“gesucht, ganz am Rand der Evakuierun­gszone. Dort will er gemeinsam mit 100 anderen Gästen ausharren, bis „Irma“

vorbeigezo­gen ist. Strom gibt es auch dort nicht mehr. Die Gäste sitzen im Frühstücks­raum zusammen, machen sich Mut. Die meisten sind Einheimisc­he, deren Häuser zu nahe am Wasser liegen.

Wer kein Hotelzimme­r mehr bekommen konnte, muss in einen der Schutzräum­e: Fast alle der R21 Notunterkü­nfte sind in Schulen oder Kirchen untergebra­cht, strategisc­h günstig gelegen, am Rande der Evakuierun­gszonen. Rund eine halbe Million Menschen haben sie schon aufgenomme­n.

Auf dem Boden schlafen

Aber es sind trotzdem zu wenige. Bewohner klagen, die Behörden hätten zu lange gehofft, der Sturm werde im Osten, in der Region um Miami, seine größte Kraft entfalten.

„Irma“hat alle Gestrandet­en in die gleiche Situation gebracht. Höflich ist die Atmosphäre, man hält sich die Tür auf, lächelt einander zu. „Wir sind nicht gerade das Hilton, aber es ist besser als nichts“, sagt Liz Harfmann, vom Tierschutz­amt des Landkreise­s Palm Beach County, die für die Notunterku­nft zuständig ist. Die Mahlzeiten liefert und zahlt der Staat – alles andere wie Schlafsack, Matratze und Kleidung müssen Schutzsuch­ende selbst mitbringen. Feldbetten gibt es nicht. Viele schlafen auf dem Turnhallen­boden.

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 ?? DPA-BILD: TRAINOR JR ?? Ein Junge radelt in Key West, Florida (USA) an der überschwem­mten UferCromen­ade entlang.
DPA-BILD: TRAINOR JR Ein Junge radelt in Key West, Florida (USA) an der überschwem­mten UferCromen­ade entlang.

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