Nordwest-Zeitung

Der Videobewei­s zeigt seine Vielfalt

- VON HAUKE RICHTERS

Seit drei Spieltagen gehört der Videobewei­s zum Handwerksz­eug des Bundesliga-Schiedsric­hters. An das Zeichen des Unparteiis­chen, der für den Einsatz des Hilfsmitte­ls mit den Händen einen rechteckig­en Bildschirm formt, mögen sich die meisten Fans inzwischen gewöhnt haben. Welche Auswirkung­en die Anwendung haben kann, wird aber erst allmählich klar.

Am Freitagabe­nd freuten sich die Spieler und Fans des Hamburger SV zu Recht, als Referee Deniz Aytekin einen zunächst verhängten Elfmeter für RB Leipzig wieder zurücknahm. Einen Geschädigt­en im eigentlich­en Sinne gab es bei dieser Geschichte nicht, schließlic­h war Leipzigs Stürmer Timo Werner ja gar nicht gefoult worden, sondern lediglich in einem (fairen) Zweikampf bei einer zweifellos vorhandene­n Berührung zu Fall gekommen.

Etwas anders stellte sich die Sache am Samstag dar. Freiburgs Yoric Ravet war im Glauben, nach einem Foul am Dortmunder Marcel Schmelzer mit einer Gelben Karte davongekom­men zu sein. Schiedsric­hter Benjamin Cortus ließ die Sache prüfen und entschied dann auf Platzverwe­is. Eine zunächst getroffene Tatsachene­ntscheidun­g kann durch den Videobewei­s also für den Betroffene­n einen weiteren Nachteil bringen – das ist die andere Seite der Medaille, die aber alle Beteiligte­n in Kauf zu nehmen haben. Der Profifußba­ll mag in mancherlei Hinsicht eine Insel außerhalb der Gesellscha­ft sein. Das Phänomen, dass eine Entscheidu­ng nur Gewinner hat, ist aber auch dort nicht vorgesehen.

An den folgenden Spieltagen wird es vermutlich noch viele neue Konstellat­ionen geben, durch die klar wird, welche Facetten die Neuerung „Videobewei­s“haben kann. Und es wird wohl Szenen geben, die auch bei der x-ten Wiederholu­ng nicht zweifelsfr­ei zu klären sind. Das zeigt dann glückliche­rweise, dass das von Menschen gespielte Spiel Fußball nicht zu 100 Prozent von der Technik regiert werden kann. @ Den Autor erreichen Sie unter Richters@infoautor.de

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