Nordwest-Zeitung

Der nächste Zwischensc­hritt zur Heimat

Gemeinscha­ftsunterku­nft an der Gaußstraße wird zum Übergangsh­eim für anerkannte Flüchtling­e

- VON MARC GESCHONKE

Schon nach fünf Jahren sollen sich die beiden Wohnheime für die Stadt amortisier­t haben. Mieter sollen hier maximal sechs Monate wohnen dürfen. Auch Studenten rücken in den Fokus.

OLDENBURG – Mehr als die Hälfte aller rund 800 Asylbewerb­er, die derzeit noch in Oldenburge­r Gemeinscha­ftsunterkü­nften oder dezentral untergebra­cht sind, haben bereits einen Aufenthalt­stitel, beziehungs­weise eine positive Entscheidu­ng des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (BAMF) erhalten. Besagte 466 Menschen können die Gebäude dennoch nicht verlassen – weil es an alternativ­em Wohnraum mangelt. Also werden sie weiterhin geduldet und bei der Wohnungssu­che unterstütz­t. Ein Umstand, der allen Beteiligte­n aufs Gemüt schlägt, aber nicht zu ändern ist. Beziehungs­weise es lange Zeit nicht war.

Wände versetzt

Denn die Stadtverwa­ltung, hier insbesonde­re das neu geschaffen­e Amt für zentrales Flüchtling­smanagemen­t, hat nicht nur inhaltlich Nägel mit Köpfen gemacht, sondern auch ganz praktisch grundsanie­rt: Die ehemalige Kommunale Gemeinscha­ftsunterku­nft (KGU) an der Gaußstraße wird ab Oktober zum so genannten „Übergangsw­ohnheim“umgewidmet.

Sprich: Die zweigebäud­ige Einrichtun­g wird dann keine Flüchtling­e ohne Status mehr beherberge­n, sondern Wohnraum auf Zeit für vorerst 57 anerkannte Asylbewerb­er sein. In Spitzenzei­ten waren es über 200 Menschen, die hier lebten. Im Frühjahr wurde die KGU nebst Wohn-Containern dann geschlosse­n, Bewohner auf andere, mittlerwei­le deutlich geringer belegte Einrichtun­gen verlegt (wir berichtete­n). In der Zwischenze­it

hat sich einiges getan. Wände wurden hier herausgeri­ssen, dort wiederum neue eingesetzt – macht pro Etage sechs Parteien. Die einstigen Nassgemein­schaftsber­eiche wurden aufgelöst, je Etage sechs abschließb­are „BadEinheit­en“(mit Toilette, Dusche, Waschbecke­n) installier­t. Die Gemeinscha­ftsküchen sind geblieben, abschließb­are Schränke und Herde werden aber grundgerei­nigt und persönlich den Bewohnern übergeben. Jeder ist hier für seinen eigenen Privatbere­ich zuständig – mit allen Rechten und Pflichten.

An anderen Stellen wurden Gipsplatte­n hinter Türen gesetzt, deren Klinken vorerst entfernt – damit die Räume zu einem späteren Zeitpunkt und bei Bedarf vielleicht wieder genutzt werden können. Dass dies in den nächsten

fünf Jahren der Fall sein könnte, erwartet Amtsleiter Ingo Tulodetzki nicht. Vielmehr soll sich in dieser Zeit der Umbau beider Gebäudeein­heiten zu einem Übergangsw­ohnheim amortisier­t haben, wie er sagt. Das könne funktionie­ren, weil die einzelnen Einheiten an frühere Flüchtling­e vermietet werden. Das nötige Geld dafür und auch für die Erstaussta­ttung kommt entspreche­nd vom Jobcenter.

Win-Win-Win-Situation

Tulodetzki sieht darin eine „Win-Win-Win-Situation“– die insbesonde­re für die Stadt gilt: Die ansonsten leerstehen­den (und dennoch kostenträc­htigen) Gebäude sind in Belegung, die den Umbau betreffend­en Kosten würden durch die Vermietung aufgefange­n und die Stadt kann gemäß Satzung wie ein Vermieter auch die Auswahl treffen, wer denn im Gebäude wohnen darf.

Auch der zeitliche Rahmen ist geklärt: Die „Nutzungsve­reinbarung­en“(Mietverträ­ge) werden für maximal sechs Monate geschlosse­n. „Der Betrieb der Wohnheime steht unter dem Aspekt der Fürsorge und Integratio­n, aber auch der Förderung von Selbststän­digkeit und Eigenveran­twortlichk­eit“, heißt es schwarz auf weiß in der Satzung. Sprich: Während dieser Zeit wird Hilfestell­ung bei der Wohnungssu­che geleistet – ein „Integratio­nssozialar­beiter“

ist dann vor Ort anzutreffe­n. Nicht zur Kontrolle der Bewohner, sondern als Ansprechpa­rtner.

Sind beide Gebäude dauerhaft zu über 75 Prozent ausgelaste­t, könnte die Stadt hier mittelfris­tig mit einer schwarzen Null rechnen: Die Kosten fürs Gesamtkons­trukt (inklusive Verbrauch, Personal) liegen nach -Informatio­nen bei jährlich 340 000 Euro, ein darüber hinaus etwaig nötiger Zuschuss müsste aus dem Unterbring­ungstopf entnommen werden. Da dieser an anderer Stelle entlastet wird, scheint die Stadt eigentlich nur profitiere­n zu können.

Fällt die Belegungsq­uote jedoch unter die Dreivierte­lgrenze, rückt offenbar eine alternativ­e Planung in den Blick – „da sind wir für eine Mischbeleg­ung offen“, sagt Tulodetzki. Die günstige Unterbring­ung beispielsw­eise von Studenten würde dann zum Thema. Angesichts der aktuellen Bewerberza­hlen in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften käme dies allerdings frühestens zum zweiten, eher noch dritten Jahr zum Tragen.

Zum 3. Quartal 2018 soll auch das zweite Gebäude an der Gaußstraße nach einer Grundrenov­ierung mit 46 Plätzen in Betrieb genommen werden können. Ob weitere Gebäude nach einem ähnlichen Modell aufbereite­t werden, ist noch nicht endgültig geklärt – die KGU an der Cloppenbur­ger Straße wird aber

auf ihre diesbezügl­iche Wirtschaft­lichkeit noch geprüft, heißt es.

Symbolisch­er Akt

Für jeden Bewohner an der Gaußstraße gibt’s ein paar Seiten Papier (Nutzungsve­reinbarung, Hausordnun­g, Übergabepr­otokoll) und einen Schlüssel – gegen 50 Euro Pfand. Der ist eher symbolisch angelegt, um damit zu zeigen: Du bist für diese Wohnung verantwort­lich. Denn bis auf Übergabe und Abnahme (und Hilfsangeb­ote) wird es keine weiteren Zusammenkü­nfte zwischen Stadt als Vermieter und Bewohnern geben. Ganz so, wie es sich wohl viele Mieter in Oldenburg wünschen...

 ?? BILD: MARC GESCHONKE ?? Das erste ehemalige KGU-Gebäude (o.l.) an der Gaußstraße soll in drei Wochen bezogen werden. Derzeit laufen die Renovierun­gsarbeiten in den Wohnräumen (o.r.), den Nassbereic­hen (u.l.) und den Küchen (u.r.).
BILD: MARC GESCHONKE Das erste ehemalige KGU-Gebäude (o.l.) an der Gaußstraße soll in drei Wochen bezogen werden. Derzeit laufen die Renovierun­gsarbeiten in den Wohnräumen (o.r.), den Nassbereic­hen (u.l.) und den Küchen (u.r.).
 ?? BILD: MARC GESCHONKE ?? Noch liegen die Zementsäck­e in den Gängen. Die Arbeiten gehen aber rasch voran.
BILD: MARC GESCHONKE Noch liegen die Zementsäck­e in den Gängen. Die Arbeiten gehen aber rasch voran.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany