Das Schachern der Pleitegeier
Frist für Übernahme der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin läuft ab
An diesem Freitag läuft die Frist für Übernahmeangebote für die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin ab. Im Vorfeld wurde sondiert, wie die künftige Kostenstruktur aussehen könnte und welche Zugeständnisse möglich sind. Bei einer Sitzung des Gläubigeraussschusses am 25. September, also dem Tag nach der Bundestagswahl, soll es dann möglichst zu konkreten Entscheidungen kommen.
Platzhirsch Lufthansa ist ein aussichtsreicher Bieter für einen Großteil des Flugbetriebs des bisher zweitgrößten deutschen Anbieters. Zu den weiteren Interessenten zählen die britische Easyjet und der deutsche Ferienflieger Condor. Die zum Thomas-CookKonzern gehörende Ferienfluggesellschaft Condor erwägt, die angeschlagene Air Berlin als Ganzes zu übernehmen.
Am Donnerstag ist dann noch Niki Lauda mit an Bord gestiegen. Alternativ prüft Condor auch, sich nur um Teile der insolventen Firma zu bewerben. Das Interesse Condors für Air Berlin als Gesamtunternehmen gilt in der Branche als Überraschung. Insidern zufolge könnten auch taktische Erwägungen eine Rolle spielen mit dem Ziel, am Ende wenigstens den Zuschlag für Teile des Unternehmens zu bekommen.
Mit kombiniert 180 Flugzeugen würde Condor bei einer Übernahme von Air Berlin ihre Flotte vervierfachen. Die Fluggesellschaft, die mit den anderen Airlines des Thomas-Cook-Konzerns eng verbunden ist, betreibt derzeit 45 Maschinen. Aber: Wie will man das finanziell schulternO Der Condor-Mutter-Konzern ist selbst hoch verschuldet.
Bei Ryanair war der Ausstieg aus dem Bieterprozess vorhersehbar. Der Billigflieger, der ausschließlich Boeing-Maschinen betreibt, wäre mit der Integration von Air Berlin völlig überfordert. Anders als Ryanair besitzt die Hauptstadt-Airline Langstreckenflugzeuge, TurbopropFlieger und Maschinen der Marke Airbus.
Die Lufthansa hat bisher
keine Langstreckenverbindungen von Berlin im Programm. Wenn die Fluggesellschaft bei der insolventen Air Berlin zum Zuge kommen sollte, könnte sich das ändern. Geplant ist, Verbindungen von Berlin und von Düsseldorf aus weiter zu bedienen. Billigtochter Eurowings will etwa ein Dutzend der 17 Langstreckenmaschinen des insolventen Wettbewerbers
Autor dieses Beitrages ist
Der 58-Jährige ist LuftfahrtExperte dieser Zeitung.
Wahn. @Den Autor erreichen Sie unter
übernehmen. Eurowings würde bei einem Zuschlag zwei Langstreckenflieger in der Hauptstadt stationieren und von dort Ziele an der Ostküste der USA anfliegen. Insgesamt bietet die Lufthansa Insidern zufolge für bis zu 70 der rund 140 Maschinen. Der deutsche Marktführer ist wie alle anderen vor allem an der TouristikTochter Niki interessiert.
Bis heute ist überhaupt nicht gesagt, dass am Ende ein Kompromiss steht, der von Vorteil ist für die Fluggäste. Aber die einhellige Kritik von Ökonomen und Wettbewerbern
wie Ryanair oder Germania hat die schnelle Scheinlösung zugunsten der Lufthansa verhindert.
Zu den weiteren Interessenten zählen die britische Easyjet und seit Donnerstag hat sich dann auch noch der frühere EnBW-Chef Utz Claasen der illustren Bieter-Runde um den Nachlass von Air Berlin angeschlossen, der auch noch der Textilunternehmer und LTU-Veteran Hans Rudolf Wöhrl und ein chinesischer Investor angehören.
Bereits jetzt gibt es wenig Wettbewerb auf innerdeutschen Strecken. Die Lufthansa und ihre Tochter Eurowings dominieren jetzt schon den Markt. Wenn Lufthansa Air Berlin zum großen Teil übernehmen sollte, dann droht auf vielen Strecken ein Monopol mit steigenden Ticketpreisen.
Derzeit sieht es nicht danach aus, dass Lufthansa Air Berlin komplett übernimmt. Bleibt zu hoffen, dass das Bundeskartellamt und die EU-Kommission eine Monopolstellung der Lufthansa verhindern werden.
Von daher wird man am
Norbert Wahn@infoautor.de
Ende den genannten Störenfrieden dankbar sein müssen. Sie haben so manchen Entscheidungsträger womöglich erst darauf gebracht, dass nicht nur die Lufthansa als Erbe infrage kommt.
Und damit sind wir bei der Politik: Vorschnell riefen seitens der Bundesregierung Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) mit der Lufthansa einen nationalen Champion nach der Übernahme von Air Berlin aus. Und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), bezeichnete Störenfried Ryanair als „arbeitnehmerfeindliches Unternehmen, das ein frühkapitalisches Geschäftsmodell“betreibe. So reden Leute, denen es seit Jahren nicht gelungen ist, einen Großflughafen fertigzustellen.
Für weiteres Kopfschütteln sorgen die streikenden Piloten bei Air Berlin: Nach dem bisherigen Szenario befindet sich die Fluggesellschaft in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Es wird also von einem Fortbestand der Fluggesellschaft ausgegangen. Doch dieses Modell wackelt durch die Flug- und Einnahmeausfälle.