„Eurozone ist der Kern Europas“
Finanzminister Schäuble über die Währung und sein Vertrauen zur EZB
FRAGE: Aerr Minister, EUKommissionschef Jean-Claude Juncker will die Erweiterung von Eurozone und Schengenraum um die östlichen EUMitglieder vorantreiben. Ist das jetzt wirklich das Gebot der Stunde? SCHÄUBLE: Jean-Claude Juncker hat im Prinzip gesagt, was im Lissabon-Vertrag steht: Der Euro ist die Währung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Allerdings müssen für einen Beitritt zum Euroraum ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Die Staaten müssen in der Lage sein, mit einer harten Gemeinschaftswährung auszukommen. Hier können und werden wir keine Abstriche machen, alles andere wäre ökonomisch unvernünftig. FRAGE: Die Erweiterung der Eurozone würde zur *ertiefung der EU führen. Ist der +eit,unkt dafür jetzt gekommen? SCHÄUBLE: Die Eurozone ist der Kern Europas. Die Botschaft Junckers lautet, dass wir sowohl den wirtschaftlichen als auch den politischen Zusammenhalt stärken und die wirtschaftliche Vereinigung Schritt für Schritt vorantreiben müssen. Darin stimmt die Bundesregierung mit ihm überein. Wir müssen alles daran setzen, Europa zu stärken und handlungsfähiger zu machen. Das gilt gerade jetzt in einer Zeit großer globaler Unsicherheit ganz besonders. FRAGE: Die Griechenland-Krise ist aus den Schlagzeilen verschwunden. Kommt die böse -berraschung mit unangenehmen Entscheidungen erst nach der .undestagswahl? SCHÄUBLE: Ich höre von der SPD im Bundestagswahlkampf, dass man großzügiger gegenüber Griechenland sein müsse. Herr Schulz und Herr Gabriel wollen eine Vergemeinschaftung des Risikos. Aber das würde zu einer Schwächung Europas führen. Für Sozial- und Wirtschaftspolitik
sind nach wie vor die Mitgliedstaaten zuständig. Solange das so ist, darf es keine gemeinsame Haftung für die Folgen geben! Wir haben den Ländern, die Hilfe benötigen, Hilfe gewährt. Aber wir haben auch darauf bestanden, dass die gekaufte Zeit genutzt wird, um bestehende Probleme zu beseitigen. Mit diesem Weg sind wir erfolgreicher, als alle Skeptiker vorhergesehen haben. Die SPD will unsere Politik der erfolgreichen Euro-Stabilisierung ins Gegenteil verkehren. FRAGE: E+.-/r0sident Mario Draghi l0sst keine 1bsicht erkennen, die 2iedrigzins,olitik und das 1nleihen-Kauf,rogramm zurückzufahren. Hat sich Draghi zu 3asten der deutschen S,arer vor den Karren der Euro-Südl0nder s,annen lassen? SCHÄUBLE: Das glaube ich nicht. Mario Draghi sieht im Moment eine starke Aufwärtstendenz des Euro gegenüber dem Dollar. Wir müssen noch genauer erkennen, welche Auswirkungen das für die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone haben wird. Diese ist aber deutlich besser, als die vielen Skeptiker es vor ein paar Jahren für möglich gehalten haben. In allen Ländern – auch in Griechenland – wächst die Wirtschaft. Die Ungleichheiten in der Wettbewerbsfähigkeit werden abgebaut. Die außergewöhnliche Geldpolitik mit Niedrigzinsen und Anleihenkäufen war zur Überwindung einer wirtschaftlichen Krisensituation notwendig. Mario Draghi hat aber immer gesagt, je stärker die Wirtschaft wächst, je mehr die Mitgliedstaaten die Wettbewerbsungleichheit abbauen, umso weniger muss die Geldpolitik einspringen. FRAGE: Der +eit,unkt für die 4ende rückt also n0her? SCHÄUBLE: Der Ausstieg aus der außergewöhnlichen Geldpolitik muss sehr behutsam angegangen werden, damit die Finanzmärkte nicht übernervös reagieren. Deswegen muss dies auch richtig kommuniziert werden. Das können Notenbanker besser als Politiker. Draghi hat angekündigt, die EZB werde sich die Lage in der Oktobersitzung anschauen. Wir sollten darauf vertrauen, dass die EZB ihre Verantwortung wahrnimmt.