Nordwest-Zeitung

„Eurozone ist der Kern Europas“

Finanzmini­ster Schäuble über die Währung und sein Vertrauen zur EZB

- VON ANDREA? HERHOLZ UND TOBIA? ?CHMIDT

FRAGE: Aerr Minister, EUKommissi­onschef Jean-Claude Juncker will die Erweiterun­g von Eurozone und Schengenra­um um die östlichen EUMitglied­er vorantreib­en. Ist das jetzt wirklich das Gebot der Stunde? SCHÄUBLE: Jean-Claude Juncker hat im Prinzip gesagt, was im Lissabon-Vertrag steht: Der Euro ist die Währung der Mitgliedst­aaten der Europäisch­en Union. Allerdings müssen für einen Beitritt zum Euroraum ganz bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt werden. Die Staaten müssen in der Lage sein, mit einer harten Gemeinscha­ftswährung auszukomme­n. Hier können und werden wir keine Abstriche machen, alles andere wäre ökonomisch unvernünft­ig. FRAGE: Die Erweiterun­g der Eurozone würde zur *ertiefung der EU führen. Ist der +eit,unkt dafür jetzt gekommen? SCHÄUBLE: Die Eurozone ist der Kern Europas. Die Botschaft Junckers lautet, dass wir sowohl den wirtschaft­lichen als auch den politische­n Zusammenha­lt stärken und die wirtschaft­liche Vereinigun­g Schritt für Schritt vorantreib­en müssen. Darin stimmt die Bundesregi­erung mit ihm überein. Wir müssen alles daran setzen, Europa zu stärken und handlungsf­ähiger zu machen. Das gilt gerade jetzt in einer Zeit großer globaler Unsicherhe­it ganz besonders. FRAGE: Die Griechenla­nd-Krise ist aus den Schlagzeil­en verschwund­en. Kommt die böse -berraschun­g mit unangenehm­en Entscheidu­ngen erst nach der .undestagsw­ahl? SCHÄUBLE: Ich höre von der SPD im Bundestags­wahlkampf, dass man großzügige­r gegenüber Griechenla­nd sein müsse. Herr Schulz und Herr Gabriel wollen eine Vergemeins­chaftung des Risikos. Aber das würde zu einer Schwächung Europas führen. Für Sozial- und Wirtschaft­spolitik

sind nach wie vor die Mitgliedst­aaten zuständig. Solange das so ist, darf es keine gemeinsame Haftung für die Folgen geben! Wir haben den Ländern, die Hilfe benötigen, Hilfe gewährt. Aber wir haben auch darauf bestanden, dass die gekaufte Zeit genutzt wird, um bestehende Probleme zu beseitigen. Mit diesem Weg sind wir erfolgreic­her, als alle Skeptiker vorhergese­hen haben. Die SPD will unsere Politik der erfolgreic­hen Euro-Stabilisie­rung ins Gegenteil verkehren. FRAGE: E+.-/r0sident Mario Draghi l0sst keine 1bsicht erkennen, die 2iedrigzin­s,olitik und das 1nleihen-Kauf,rogramm zurückzufa­hren. Hat sich Draghi zu 3asten der deutschen S,arer vor den Karren der Euro-Südl0nder s,annen lassen? SCHÄUBLE: Das glaube ich nicht. Mario Draghi sieht im Moment eine starke Aufwärtste­ndenz des Euro gegenüber dem Dollar. Wir müssen noch genauer erkennen, welche Auswirkung­en das für die wirtschaft­liche Entwicklun­g in der Eurozone haben wird. Diese ist aber deutlich besser, als die vielen Skeptiker es vor ein paar Jahren für möglich gehalten haben. In allen Ländern – auch in Griechenla­nd – wächst die Wirtschaft. Die Ungleichhe­iten in der Wettbewerb­sfähigkeit werden abgebaut. Die außergewöh­nliche Geldpoliti­k mit Niedrigzin­sen und Anleihenkä­ufen war zur Überwindun­g einer wirtschaft­lichen Krisensitu­ation notwendig. Mario Draghi hat aber immer gesagt, je stärker die Wirtschaft wächst, je mehr die Mitgliedst­aaten die Wettbewerb­sungleichh­eit abbauen, umso weniger muss die Geldpoliti­k einspringe­n. FRAGE: Der +eit,unkt für die 4ende rückt also n0her? SCHÄUBLE: Der Ausstieg aus der außergewöh­nlichen Geldpoliti­k muss sehr behutsam angegangen werden, damit die Finanzmärk­te nicht übernervös reagieren. Deswegen muss dies auch richtig kommunizie­rt werden. Das können Notenbanke­r besser als Politiker. Draghi hat angekündig­t, die EZB werde sich die Lage in der Oktobersit­zung anschauen. Wir sollten darauf vertrauen, dass die EZB ihre Verantwort­ung wahrnimmt.

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