Publikum lässt sich zu Sklavenarbeit animieren
Erstes Werkstattkonzert zu Richard Wagners „Rheingold“im Oldenburgischen 8taatstheater
OLDENBURG – Wagners Opern sind keine gewöhnlichen Opern. Der Meister nannte sie Musikdramen, weil der Schwerpunkt auf der Vergeistigung des dramatischen Gehaltes liegen sollte und schöne gesangliche Einzelnummern – Arien – ausgeschlossen blieben.
Die Tetralogie des „Rings“dauert 16 Stunden und länger. Um da poetisch geformte Ordnung zu schaffen, bedarf es einer neuen Sprache – semantisch wie kompositorisch. Die schlagendsten Ordnungsmuster sind die berühmten Leitmotive, die eigentlich Erinnerungsmotive sind. Thomas Honickel hat den Vorabend des „Rings“, das „Rheingold“, nun in einem dreistündigem Marathon sprachlich und musikalisch unter dem Motto „Den Ring muß ich haben“in einem Werkstattkonzert des Oldenburgischen Staatstheaters aufbereitet.
Von den naturhaft-schimmernden 136 Eröffnungstakten in Es-Dur bis zu den fast hellsichtigen, den Untergang vorausahnenden Schlusstakten war das Oldenburgische Staatsorchester ein geschmeidiger Erzähler des Wesentlichen, denn vieles wird in den Dialogen der Protagonisten nicht preisgegeben, erscheint aber als Motiv in der beredten Musik. 40 Erinnerungsmotive gliedern allein das „Rheingold“. Thomas Honickel und sein Mitstreiter Marne Ahrens als Erzähler machten die Zusammenhänge erzählend, erläuternd, am Klavier und mit dem Staatsorchester deutlich: ziemlich korrekt und versiert, aber immer auch vergnüglich und unterhaltsam.
Von den Sängern standen die zur Verfügung, die beim Staatstheater fest angestellt sind. Da, wo der Sänger fehlte, sprang Marne Ahrens ein und „erzählte“den Gesang – was vom Geist der Wagner-Oper nicht einmal ganz daneben liegt. Die vorhandenen Sänger, etwa Melanie Lang in der Doppelrolle als Fricka und Erda oder Timo Schabel als Loge und Mime, sangen ihren Part in Häppchen und machten Appetit auf die ganze Oper. Am spannendsten für ein Verständnis waren die gut nachvollziehbaren Nachweise einer Metamorphose der Erinnerungsmotive und ein partielles Verschmelzen derselben zu neuen Bedeutungsnuancen. Das war am Rande eines Proseminars.
Auch das Publikum wurde beteiligt, da die zwölf Ambosse fehlten, die die Sklavenarbeit der Nibelungen illustrieren. Metallgegenstände wurden gekonnt im richtigen Rhythmus vom Parkett bis in die höheren Ränge gegeneinander geschlagen.
Für den langjährigen Konzertmeister des Staatsorchesters, Holger Zindler, ging mit diesem Konzert ein erfolgreiches Arbeitsleben zu Ende: Er wurde herzlich in den Ruhestand verabschiedet.