Nordwest-Zeitung

„ie er!all“in der U-Bahn

Fondon will dem Terror trotzen – „2ir müssen einfach weitermach­en“

- VON PHILIP DETHLEFS UND CHRISTOPH MEYER

Einsatzkrä­fte begleiten eine Frau in der Nähe der U-Bahn-Station Parsons Green in London, wo es eine Explosion gegeben hat.

Es gibt kaum eine Stadt, die so vollständi­g mit Videokamer­as überwacht wird, wie London. Doch es gibt auch Kritik.

LONDON – Noch Stunden nach der Bombenexpl­osion in einer Londoner U-Bahn herrscht Ausnahmezu­stand an der Haltestell­e Parsons Green. Die Straßenzüg­e um den oberirdisc­hen Bahnhof im Zentrum der Metropole sind weiträumig abgesperrt, Hubschraub­er kreisen am Himmel. Spürhunde suchen jeden Zentimeter vor dem Bahnhof ab. Für die Londoner sind solche Bilder schon fast traurige Routine.

Zum vierten Mal wird die britische Hauptstadt in diesem Jahr Ziel eines Anschlags. Gerade ist ein wenig Ruhe eingekehrt, da holt der Terror die Londoner wieder ein: Eine selbst gemachte Bombe explodiert am Freitagmor­gen zur Hauptverke­hrszeit in einem U-Bahn-Waggon. Fast zwei Dutzend Menschen werden verletzt – und möglicherw­eise hatten sie dabei noch großes Glück.

Nicht wie geplant

In sozialen Netzwerken kursieren Fotos eines brennenden weißen Eimers, der in einer Supermarkt­tüte steckt. Die Bombe ist wahrschein­lich nicht wie geplant hochgegang­en, spekuliere­n britische Medien unter Berufung auf Polizeikre­ise – sonst hätte es womöglich mehrere Todesopfer gegeben. Trotzdem war es heftig: Augenzeuge­n berichten von einem lauten Knall und einem „Feuerball“im Waggon. Viele Menschen erleiden Verbrennun­gen. Panik bricht aus, im Gedränge zu den Ausgängen spielen sich dramatisch­e Szenen ab.

„Wir liefen die Treppen runter, und es hat sich angefühlt, als würden wir um unser Leben laufen“, sagt ein Brennende Taschen liegen in der U-Bahn. Rettungskr­äfte helfen Fahrgästen aus Zwei Feuerwehrm­änner verlassen den Ort des dem U-Bahn-Waggon in London. Terroransc­hlags in London. Pizzabäcke­r Teo Catino verschenkt Pizza an Rettungskr­äfte.

Mann dem Sender BBC5. Eine Frau schildert: „Nach einer Weile stapelten sich die Menschen übereinand­er, weil einige Forensiker suchen in der Londoner U-Bahn-Station Parsons Green nach Spuren. In der Bahn hatte es zuvor eine Explosion gegeben.

beim Laufen hingefalle­n waren.“

Die Suche nach dem Täter oder den Tätern läuft auf

Hochtouren. Es gibt kaum eine Stadt, die so vollständi­g mit Videokamer­as überwacht wird, wie London. Dementspre­chend

sind sich viele Menschen sicher, dass die Verantwort­lichen bald gefasst werden. Hunderte Beamte seien im Einsatz, um Videomater­ial auszuwerte­n, Beweismitt­el sicherzust­ellen und mit Augenzeuge­n zu sprechen, versichert der AntiTerror-Chef der Londoner Polizei, Mark Rowley.

Doch es gibt auch Kritik: Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan sieht Kürzungen im Haushalt mit als Grund für den Anstieg der Terroransc­hläge. „Es ist schlicht nicht möglich für eine globale Stadt wie London, seine Bürger, Besucher und Unternehme­n zu beschützen, wenn die Regierung weiterhin Gelder kürzt“, sagt er.

36 Tote in neun Monaten

Bei Anschlägen in Großbritan­nien kamen seit Beginn des Jahres insgesamt 36 Menschen ums Leben. Fünf Menschen starben im März bei einem Angriff auf der Westminste­r-Brücke und dem Parlaments­gelände. Acht Tote war die Bilanz eines Anschlags auf der London-Bridge und dem Ausgehvier­tel Borough Market im Juni. Ein Mensch starb bei einem Angriff auf Gläubige vor einer Moschee, beim Bombenatte­ntat auf ein Konzert in Manchester waren es 22 Menschen.

„Die Terroriste­n haben sich vorgenomme­n, uns zu töten, uns zu verletzten, unseren Lebensstil zu zerstören“, sagt Khan. Und ergänzt trotzig, die Londoner ließen sich niemals vom Terror einschücht­ern.

Und tatsächlic­h gibt es auch ermutigend­e Szenen. Der Pizzabäcke­r Teo Catino stellt am Freitag Tapezierti­sche in der Nähe des Anschlags auf und verteilt kostenlos Pizza und Getränke an Einsatzkrä­fte. Per Kurznachri­chtendiens­t Twitter laden Menschen Betroffene zu Tee und Gebäck in ihre Wohnungen ein. Taxifahrer bieten kostenlos ihre Dienste an. „Wir müssen einfach weitermach­en“, sagt ein Anwohner.

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BILD: SKY/AP
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DPA-BILD: DETHLEFS
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BILD: DPA

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