Zu den Wurzeln
Griechisch inzwischen auch
Insgesamt 18 Schüler unterrichtet Pavlos Chatzis jeden Sonntag in Hundsmühlen. Sie lernen die griechische Sprache, aber auch viel über die Kultur des Landes.
Jeden Sonntag lernen die Kinder griechischer Auswanderer die Sprache ihrer Eltern und Großeltern – und ganz nebenbei noch viel mehr.
EVERSTEN/HUNDSMÜHLEN – Es ist Sonntagnachmittag. Die Flure in der Grundschule Hundsmühlen sind dunkel, die Türen zu den Klassenzimmern geschlossen. Nur aus einem Raum klingen Kinderstimmen – auf Griechisch. Jedes Wochenende kommt der griechische Lehrer Pavlos Chatzis für drei Stunden aus Hannover nach Hundsmühlen, um Kinder und Jugendliche hier zu unterrichten – ehrenamtlich. „Ich bin Lehrer aus Leidenschaft, und dieses Projekt ist mir wichtig“, sagt er
lächelnd.
Das Projekt, von dem er spricht, hat die Familie Leontaraki ins Leben gerufen, die in Eversten am Marschweg das Restaurant „Elena“und an der Bremer Heerstraße das „Thassos“betreibt. „Meine Enkelkinder sind hier in Deutschland zu Hause, und das ist gut so“, betont Konstantinos Leontarakis. „Aber sie sollen auch die Kultur Griechenlands kennenlernen und wissen, wo die Wurzeln ihrer Familie liegen.“Seine Töchter Jota, Elena und Dimitra haben insgesamt sechs Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren. „Irgendwann habe ich bemerkt, dass die Kinder untereinander ganz selbstverständlich Deutsch sprechen. Diese Entwicklung wollten wir auf keinen Fall unterdrücken, aber uns war es wichtig, den Kindern auch etwas aus Griechenland mitzugeben“, betont
der 77-Jährige. Motiviert von diesem Gedanken haben sich der Restaurantbesitzer und seine Töchter dafür eingesetzt, dass die griechischen Kinder in und um Oldenburg die griechische Sprache lernen und mehr über die Kultur ihrer Vorfahren erfahren.
Freude am Lernen
18 Kinder drücken seither in Hundsmühlen in drei Klassen mit unterschiedlichen Niveaus freiwillig die Schulbank. „Meine Freunde in der Schule finden es toll, dass ich Griechisch lerne“, erzählt Kosta. Er gehört zusammen mit Theodoros, Dimosthenis, Despina und Jannis zu den „Profis“, die an diesem Sonntag griechische Adjektive lernen. „Sie können perfekt Griechisch lesen, Aufsätze schreiben und deklinieren“, erklärt Chatzis. Es sei ihm wichtig,
dass die Kinder Spaß am Lernen haben. Und tatsächlich bestätigen die Schüler: „Wir sind gern hier.“
Neben den Sprachkenntnissen steht auch die Kultur auf dem Stundenplan. Welche Feste feiern die Griechen? Wie feiern sie? Welche Traditionen gehören dazu? Dieses Wissen soll den Kindern ein Gefühl für das Land ihrer Eltern geben, zu dem sie alle auch selbst noch eine enge Verbindung haben: „Die Sommerferien sind jedes Jahr für Griechenland reserviert“, lacht Elena Leontaraki.
Bis 2009, erzählt sie, habe es auch in Städten wie Oldenburg griechische Lehrer gegeben, die vom hellenischen Staat bezahlt wurden. „Doch in der Wirtschaftskrise sind diese Stellen abgebaut worden, seither gibt es nur noch in den großen Städten griechische Schulen.“Ihr sei es wichtig, dass die Kinder zweisprachig aufwachsen. „Deutsch dominiert, aber sie können auch Griechisch akzentfrei“, erklärt sie. „Es ist ein großer Vorteil, wenn Kinder zweisprachig aufwachsen“, bekräftigt Pavlos Chatzis. Er selbst ist in Deutschland aufgewachsen, zum Studium dann in die Heimat seiner Eltern zurückgekehrt und schließlich wieder nach Deutschland gekommen. Elena Leontaraki ist den umgekehrten Weg gegangen: In Griechenland aufgewachsen, hat sie in Deutschland studiert. Und auch ihr Vater kam 1963 zum Studium nach Deutschland, ging aber zunächst Ende der 1970er Jahre wieder nach Griechenland. Mittlerweile lebt die gesamte Familie in Oldenburg. „Deutschland wird die Heimat meiner Kinder bleiben“, sagt Elena Leontaraki. „Aber sie sollen immer wissen, wo sie herkommen.“
Ins Herz geschlossen
Von Anfang an habe ihnen die Gemeinde und die Grundschule geholfen, den Griechisch-Unterricht durchführen zu können. „Sie haben das Projekt sofort ins Herz geschlossen“, erzählt Konstantinos Leontarakis. „Dafür sind wir sehr dankbar.“Das Interesse der Kinder an Griechenland ist geweckt – die Sprache ist ein Schlüssel dazu, ein weiterer sind die Erzählungen der Eltern und Großeltern. „Je mehr sie lernen, umso mehr Fragen stellen sie nach unserer Geschichte“, erklärt Leontarakis. Dass seine Kinder und Enkelkinder in Deutschland zu Hause sind und trotzdem auch die Heimat der Vorfahren im Herzen haben, freut ihn. „Ich bin sehr stolz auf sie.“
c Der Griechisch-Unterricht kann nach einer Sprachprüfung als weitere Fremdsprache anerkannt werden. Mehr Informationen gibt Elena Leontaraki unter Tel. 0441/50 14 24 oder direkt im Restaurant Elena, Marschweg 56, in Oldenburg.