Nordwest-Zeitung

Mit Fehlern gut umgehen

Nicht immer ist die Firmenkult­ur optimal – Was macht man dann?

- VON ELENA ZELLE

Wichtig ist das Verhalten des Chefs. Das prägt die Kritik-Kultur in einem Unternehme­n.

HAMBURG – „Aus Fehlern lernt man“, „Fehler sind da, um gemacht zu werden“oder schlicht und einfach „Shit happens“: Diese Sprüche hat wohl jeder schon mal gehört, wenn etwas danebengeg­angen ist. Tröstlich – ja. Hilfreich – eigentlich nicht. Denn kaum jemand handelt wirklich danach, vor allem im Job nicht.

„Fehler gehen direkt an den Selbstwert“, erklärt Psychologi­n Tabea Scheel von der Fernuniver­sität in Hagen die Angst vor dem Patzer. Denn er bedeutet so viel wie: Ich habe das, was ich mir vorgenomme­n habe, nicht geschafft. Das sei bedrohlich. Hinzu kommt die Angst vor schlechten Bewertunge­n durch Kollegen oder den Vorgesetzt­en.

Nichtsdest­otrotz ist an den Sprüchen zum positiven Umgang mit Fehlern viel Wahres dran. „Fehler und die Art, wie Einen Fehler gemacht? Meist überwiegt dann Scham, Selbstzerf­leischung und Angst.

man mit ihnen umgeht, sind für Weiterentw­icklung die gröNte Chance“, sagt Kristine Qualen, Psychologi­n und Coach aus Hamburg. So sieht es auch Karrierebe­raterin Ute Bölke aus Wiesbaden: Fehler schaffen Raum für Innovation und eröffnen die Chance, eingefahre­ne Prozesse zu hinterfrag­en oder neue Ziele zu setzen. Damit das klappt, brauchen Mitarbeite­r, Teams und Unternehme­n aber einen angemessen­en Umgang mit Patzern – eine gute Fehlerkult­ur.

Zunächst stellt sich die Frage:

abhaken oder analysiere­n? Wichtig sei es, von Fall zu Fall abzuwägen, sagt Bölke. „Man kann nicht jeden Fehler gleich behandeln.“Wenn es aber nicht nur um einen Schluck verschütte­ten Kaffee geht, sollte man sich die Zeit nehmen und den Fehler genau betrachten. Dabei steht möglichst nicht die Frage nach Schuld oder den Konsequenz­en im Fokus, wie Qualen betont – sondern die Frage: Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?

Ein solcher Umgang mit Fehlern bedeutet auch: nichts vertuschen und sich nicht wegducken, sondern offen sein. Und wenn das im Betrieb bislang nicht üblich ist? „Einfach anfangen“, rät Scheel. Also den Kollegen von seinen Fehlern erzählen.

Qualen empfiehlt Fallbespre­chungen in der Runde der Kollegen, zum Beispiel über den Umgang mit schwierige­n Kunden. Allerdings sollte niemand zum Mitmachen verdonnert werden – das würde die Offenheit wieder beeinträch­tigen. Grundsätzl­ich sei es hilfreich, wenn bestimmte Spielregel­n gelten – zum Beispiel, dass alle auf Schuldzuwe­isungen verzichten.

Nicht zuletzt kann auch der Vorgesetzt­e einiges für eine gute Fehlerkult­ur tun. Da ist eine Ansicht à la „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“laut Bölke gar nicht verkehrt. Denn wer mit Fehlern konstrukti­v umgeht, sorgt dafür, dass sie nicht vertuscht werden. „Man sollte als Chef darauf achten, dass man keine Mannschaft von Feiglingen hat, sondern solche, die dazu stehen, was sie tun.“

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BILD: CHRISTIN KLOSE

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