Mindestlohn ist Basis für Zuschläge
Nacht-Arbeiterin aus Sachsen gegen Arbeitgeber erfolgreich
ERFURT/DPA – Kleiner Betrag mit großer Wirkung: Für die Montagearbeiterin ging es um 29,74 Euro, die sie nach der Mindestlohn-Einführung für Januar 2015 von ihrem sächsischen Arbeitgeber zu wenig erhielt. Sie monierte unter anderem die Berechnung von Nachtzuschlägen und Urlaubsgeld und zog vor Gericht. Am Mittwoch hatte sie vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt Erfolg. Die Schichtarbeiterin sorgte zudem für das inzwischen vierte Grundsatzurteil zum Mindestlohn, der aktuell bei 8,84 Euro pro Stunde liegt.
Die kleine sächsische Kunststofftechnikfirma aus der Region Bautzen zahlt ihren Produktionsarbeitern in der Regel einen Grundlohn von 7,00 Euro pro Stunde. Die Bezahlung wird durch Zuschläge am Monatsende auf Mindestlohnniveau aufgestockt. Als die Schichtarbeiterin nach Mindestlohn-Einführung ihre Entgeltabrechnung prüfte, fiel ihr auf, dass für den ihr tariflich zustehenden Nachtzuschlag von 25 Prozent nur der niedrige Grundlohn als Berechnungsgrundlage diente. Das akzeptierte die Frau, die seit Anfang der 1990 Jahre in der Firma mit derzeit 80 Beschäftigten angestellt ist, nicht.
Die Richter stellten klar, dass für Nachtzuschläge, die nach dem tatsächlichen Stundenverdienst berechnet werden, der Mindestlohn als untere Linie gilt. „Das ist Gesetz. Das ist die Basis“, sagte der Vorsitzende
Richter Rüdiger Linck. Auch für die Vergütung von Feiertagen sei der Mindestlohn fällig. Damit wurden in einer Verhandlung gleich zwei Regelungen getroffen, die in vielen Betrieben für Querelen sorgen. Argumente des Anwalts der Firma, dass es kleine ostdeutsche Firmen schwer hätten, Mindestlohn zu zahlen, akzeptierte Linck nicht: „Wir sind hier beim BAG und
Arbeitnehmer können auf Mindestlohn bei Krankheit und bei Bereitschaftsdiensten pochen. Im Fall eines Rettungssanitäters aus Nordrhein-Westfalen entschieden die Richter, das Mindestlohngesetz lasse keine Differenzierung zwischen regulärer Arbeitszeit und Bereitschaftsstunden zu. Damit gilt er auch für die Zeit, in der Arbeitnehmer auf ihren Einsatz warten. „Das BAG hat wesentliche Pflöcke schon eingeschlagen“, sagte der Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing. Er sieht nur noch Bedarf an Feinkorrekturen. „Der Anwendungsbereich des Gesetzes sollte präzisiert werden“– für Praktikanten und Ehrenämtler.