AfD steht vor Zerreißprobe
Auch in der Union rumort es – Merkel verteidigt ihre Migrationspolitik
Nach der historischen Wahl sortieren sich die Parteien. Jamaika dürfte schwierig werden. Die Kanzlerin will sich daher auch die Option SPD offenhalten – doch die hat keine Lust.
BERLIN – Nach den massiven Verlusten bei der Bundestagswahl rumort es heftig in der Union. Die in Bayern abgestrafte CSU hält zwar an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag fest. In Sondierungsgespräche mit möglichen Koalitionspartnern möchten die Christsozialen aber erst eintreten, wenn der Kurs mit der Schwesterpartei geklärt ist. Dabei zeichnen sich Konflikte darüber ab, wie die zur rechtspopulistischen AfD abgewanderten Wähler zurückzugewinnen sind – mit einem Rechts- oder einem Mitte-Kurs.
Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel verteidigte am Montag ihre umstrittene Migrationsund Flüchtlingspolitik, zugleich übernahm Merkel persönlich Verantwortung für die politische Polarisierung in Deutschland.
Der große Wahlgewinner AfD steht derweil unmittelbar nach dem Triumph vom Sonntag vor einer Zerreißprobe. Der interne Streit der Rechtsaußen-Partei um eine eher bürgerliche oder national-völkische Ausrichtung eskalierte, als die Vorsitzende Frauke Petry überraschend eine Pressekonferenz mit dem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen und den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Alexander Gauland verließ – und ankündigte, sie wolle nicht Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion sein. Um eine eigene Fraktion zu bilden, müsste Petry mindestens 35 Abgeordnete dazu bringen, sich ihr anzuschließen. Auf diese Frage werde es „sicherlich in den kommenden Tagen und Wochen Antwort“geben, sagte sie.
Nach der Absage der SPD an eine erneute Große Koalition ist ein Jamaika-Bündnis die einzig denkbare Variante. Grüne und FDP erklärten ihre Bereitschaft zu ernsthaften Sondierungen. Alle Parteien rechnen jedoch mit komplizierten Gesprächen. Merkel wollte sich auch deswegen noch nicht endgültig von der Option SPD verabschieden.
Eine erneute Große Koalition schloss der unterlegene Spitzenkandidat und SPDChef Martin Schulz jedoch auch nach Merkels Gesprächsangebot aus. Nach dem 20,5-Prozent-Desaster bei der Wahl will er seine Partei
zumindest in Teilen neu aufstellen. Er schlug die amtierende Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) als VorsitzendederFraktionvor.