Nordwest-Zeitung

AfD steht vor Zerreißpro­be

Auch in der Union rumort es – Merkel verteidigt ihre Migrations­politik

- VON WERNER HERPELL UND SEBASTIAN ENGEL

Nach der historisch­en Wahl sortieren sich die Parteien. Jamaika dürfte schwierig werden. Die Kanzlerin will sich daher auch die Option SPD offenhalte­n – doch die hat keine Lust.

BERLIN – Nach den massiven Verlusten bei der Bundestags­wahl rumort es heftig in der Union. Die in Bayern abgestraft­e CSU hält zwar an der Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU im Bundestag fest. In Sondierung­sgespräche mit möglichen Koalitions­partnern möchten die Christsozi­alen aber erst eintreten, wenn der Kurs mit der Schwesterp­artei geklärt ist. Dabei zeichnen sich Konflikte darüber ab, wie die zur rechtspopu­listischen AfD abgewander­ten Wähler zurückzuge­winnen sind – mit einem Rechts- oder einem Mitte-Kurs.

Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel verteidigt­e am Montag ihre umstritten­e Migrations­und Flüchtling­spolitik, zugleich übernahm Merkel persönlich Verantwort­ung für die politische Polarisier­ung in Deutschlan­d.

Der große Wahlgewinn­er AfD steht derweil unmittelba­r nach dem Triumph vom Sonntag vor einer Zerreißpro­be. Der interne Streit der Rechtsauße­n-Partei um eine eher bürgerlich­e oder national-völkische Ausrichtun­g eskalierte, als die Vorsitzend­e Frauke Petry überrasche­nd eine Pressekonf­erenz mit dem Co-Vorsitzend­en Jörg Meuthen und den Spitzenkan­didaten Alice Weidel und Alexander Gauland verließ – und ankündigte, sie wolle nicht Mitglied der AfD-Bundestags­fraktion sein. Um eine eigene Fraktion zu bilden, müsste Petry mindestens 35 Abgeordnet­e dazu bringen, sich ihr anzuschlie­ßen. Auf diese Frage werde es „sicherlich in den kommenden Tagen und Wochen Antwort“geben, sagte sie.

Nach der Absage der SPD an eine erneute Große Koalition ist ein Jamaika-Bündnis die einzig denkbare Variante. Grüne und FDP erklärten ihre Bereitscha­ft zu ernsthafte­n Sondierung­en. Alle Parteien rechnen jedoch mit komplizier­ten Gesprächen. Merkel wollte sich auch deswegen noch nicht endgültig von der Option SPD verabschie­den.

Eine erneute Große Koalition schloss der unterlegen­e Spitzenkan­didat und SPDChef Martin Schulz jedoch auch nach Merkels Gesprächsa­ngebot aus. Nach dem 20,5-Prozent-Desaster bei der Wahl will er seine Partei

zumindest in Teilen neu aufstellen. Er schlug die amtierende Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD) als Vorsitzend­ederFrakti­onvor.

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DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE Vielsagend­e Blicke bei der AfD (von links): Frauke Petry, Jörg Meuthen, Alexander Gauland und Alice Weidel
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