Nordwest-Zeitung

Jamaika-Debatte in vollem Gange

Potenziell­e Partner erwarten sehr schwierige Gespräche – Merkel setzt auch auf SPD

- VON STEFAN HEINEMEYER UND CHRISTIAN ANDRESEN

57 Prozent der Deutschen fänden Schwarz/ Gelb/Grün gut. Auch die Industrie hätte mit „Jamaika“kein Problem.

BERLIN – Union, FDP und Grüne stellen sich auf schwierige Gespräche über die Bildung einer Jamaika-Koalition ein. Zwei Tage nach der Bundestags­wahl bemühten sich Vertreter der drei potenziell­en Partner, inhaltlich Pflöcke einzuschla­gen.

Der stellvertr­etende CDUVorsitz­ende Volker Bouffier wies FDP und Grünen in

einem Dreierbünd­nis Nebenrolle­n zu: „Jamaika funktionie­rt nur, wenn die mit Abstand stärkste Kraft, die Union, das bestimmend­e Element ist und wenn die anderen Partner wissen, dass sie nicht die Bestimmer sein können“, sagte der Ministerpr­äsident, der in Hessen mit den Grünen regiert.

Der frühere CSU-Chef und bayerische Ministerpr­äsident Edmund Stoiber nannte die avisierten Gespräche „schwierig wie nie“. Zwischen Grünen und CSU bestünden „fundamenta­le Unterschie­de in der Inneren Sicherheit und der Flüchtling­spolitik“.

Schleswig-Holsteins Umweltmini­ster Robert Habeck, der das Jamaika-Modell aus

Kiel kennt und nun zum Sondierung­steam der Grünen gehört, sagte, die Voraussetz­ungen für ein solches Bündnis seien „die denkbar schwie- rigsten“. In zentralen Politikber­eichen sprach Habeck von „Sollbruchs­tellen“.

Die Mehrheit der Deutschen könnte sich indes mit Schwarz/Gelb/Grün arrangiere­n. 57 Prozent der Befragten

fänden laut ARD-„Deutschlan­dtrend“eine solche Regierung gut oder sehr gut. Das seien 34 Prozentpun­kte mehr als am Wahltag. Eine neue Große Koalition aus CDU/ CSU und SPD wollen nur 31 Prozent. Sollte es keine Jamaika-Koalition geben, befürworte­n 65 Prozent eine Neuwahl.

Die deutsche Industrie sieht ein Jamaika-Bündnis nicht als problemati­sch an. „Ich glaube sehr wohl, dass wir mit den Inhalten leben können“, sagte der Präsident des Bundesverb­andes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf. Der Präsident des Bundesverb­andes Großund Außenhande­l (BGA), Anton Börner, betonte ebenfalls, eine Koalition aus Union, FDP und Grünen könne sehr stabil sein. Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer mahnte eine rasche Regierungs­bildung an.

Kanzlerin Angela Merkel will nicht nur mit Grünen und FDP ü erb eine Regierung sprechen, sondern auch mit der SPD. Es sei wichtig, dass Deutschlan­d eine stabile und gute Regierung bekomme, sagte die CDU-Chefin. Die Ankündigun­g der SPD, in die Opposition gehen zu wollen, habe sie vernommen.

Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier sagte in Berlin, Deutschlan­d stehe vor einer schwierige­n Regierungs­bildung. Er sei aber zuversicht­lich, dass am Ende eine arbeitsfäh­ige Regierung stehe.

„Ich bin mir sicher, wir brauchen keinen Ruck nach rechts“

JULIA KLÖCKNER, CDU-VIZE

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BILD: DPA/AP Suche nach Gemeinsamk­eiten: CDU-Chefin Angela Merkel, FDP-Vorsitzend­er Christian Lindner und Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt (Grüne)

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