Nordwest-Zeitung

Nasses Grab für 80 deutsche Seeleute

Am 29. -eptember 1957 endete die -uche nach Überlebend­en der „Pamir“-Havarie

- VON THOMAS HASELIER

Der Untergang des -egelschuls­chiffes war damals eine nationale Katastroph­e. Er beendete auch eine Ära.

HAMBURG/CUXHAVEN – Eine Woche lang suchten sie unverdross­en und mit Hoffnung bis zum letzten Tag. Der kam dann am 27. September 1957: Sieben Tage nach dem verheerend­en Untergang des deutschen Segelschul­schiffes „Pamir“stellten die Retter im aufgepeits­chten Atlantik die Suche nach Überlebend­en ein. 80 Seeleute, darunter 45 Kadetten im Alter von 16 bis 18 Jahren, fanden damit endgültig im Ozean ihr nasses Grab. Nur sechs Matrosen überlebten die schwerste deutsche Schiffskat­astrophe der Nachkriegs­zeit, die Deutschlan­dmehr beschäftig­t hat als kaum eine andere Havarie.

Hans J. Ryszewski aus Cuxhaven, Oberstabsb­ootsmann der Reserve, erinnert sich noch gut an den Schock, den der Untergang in der Öffentlich­keit auslöste: „Das war damals eine nationale Katastroph­e. Die Menschen hingen an den Radios, um keine Neuigkeit von der Rettungsak­tion zu verpassen.“Der Untergang der Viermastba­rk, die in das Zentrum des Hurrikans „Carrie“geraten war, sei aus vielen Gründen von besonderer Be-

deutung gewesen. Die siebentägi­ge Suche in einem vom Orkan aufgewühlt­en Ozean sei schon ungewöhnli­ch gewesen. Auch die Aufarbeitu­ng des Dramas auf See vor dem Seeamt in Lübeck fünf Monate nach dem Untergang war überaus umstritten. Kontrovers diskutiert wurde unter anderem auch die Frage, warum die „Pamir“überhaupt direkt in den 600 Seemeilen südlich der Azoren tobenden Hurrikan steuerte. Das Amt

kam nach zehn Verhandlun­gstagen, angefüllt mit vielen Widersprüc­hen, zu dem Schluss, dass vor allem Fehler der Mannschaft und der Schiffsfüh­rung zu der Katastroph­e geführt haben. So sei der Tieftank zur Stabilisie­rung des Schiffes nicht geflutet gewesen. Auch die Ladung sei nicht unverrutsc­hbar gestaut gewesen. Und: „Die Aufbauten waren nicht wasserdich­t. Elf oder zwölf Segel standen hart abgebrasst am Wind. halb trotz des schnellen Anlaufs der Rettungsak­tionen nur so wenig Seeleute – es waren nur sechs – gerettet werden konnten. Das Schiff sank sehr schnell, viele der Besatzungs­mitglieder ertranken, als die „Pamir“kenterte und die Seeleute von Deck ins Wasser stürzten.

Zudem sollen mehrere Besatzungs­mitglieder im Schiff geblieben oder beim Kentern unter das Schiff geraten sein. Etwa fünf Seeleute kletterten nach dem Kentern auf den Rumpf, vermutlich im Glauben, dass das Schiff nicht sinken könne. Andere Seeleute verwickelt­en sich im Tauwerk und wurden von der „Pamir“unter die Wasserober­fläche gerissen.

Der Untergang besiegelte das endgültige Ende der frachttrag­enden Segelschul­schiffe. „Er hätte auch ganz das Ende der Segelschul­schiffe sein können, das wurde damals durchaus diskutiert“, sagt Ryszewski. Doch die Marine entschied anders. Trotz des Unglücks wurde 1958 bei Blohm & Voss das Segelschul­schiff „Gorch Fock“auf Kiel gelegt, das bis heute der Marine als Segelschul­schiff dient. Hans J. Ryszewski

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BILD: DPA Einer der sechs Überlebend­en des Untergangs der „Pamir“wurde noch nach drei Tagen aus den Fluten des Atlantiks geborgen. Im Bild hieven Retter den Seemann an Bord.
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Neben den Ursachen für den Untergang stand auch die Frage im Vordergrun­d, wes-
BILD: KARSTEN KROGMANN Unter diesen denkbar ungünstige­n Verhältnis­sen hätte sogar ein geringerer Sturm ausgereich­t, das Schiff zum Sinken zu bringen“, heißt es in dem Seeamtsspr­uch. Neben den Ursachen für den Untergang stand auch die Frage im Vordergrun­d, wes-

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