Selbstbedienung bei der Oldenburger SPD
Sozialdemokraten verlieren in fast alle Richtungen – FDP profitiert von schwacher CDU
Zahlreiche einstige Nichtwähler kehrten zurück an die Wahlurne. Viele von ihnen unterstützen eher die politischen Ränder.
OLDENBURG – Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Dieses marktschreierische Motto fasst das Ergebnis der Oldenburger SPD bei der Bundestagswahl am Sonntag treffend zusammen. Wie eine Auswertung der Wählerwanderungen ergab, haben die Sozialdemokraten große Teile ihrer Wählerschaft aus demJahr 2013 an fast alle anderen Parteien verloren.
Grundlage der Analyse sind statistische Daten, die das Institut für Wahl-, Sozial- und Methodenforschung im Auftrag der Ð ausgewertet hat. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Wissenschaftler nur die jeweils größten Wählerwanderungen in der Grafik aufgeführt haben, um ein Wirrwarr von Pfeilen zu vermeiden. Daher gibt es auch Differenzen zwischen der Gesamtveränderung einer Partei und den Einzel-Gewinnen und -Verlusten.
Die Vereinfachung ist auch der Grund, warum zum Beispiel keine Abwanderung der Wähler von der CDU zur AfDf angezeigt wird. Davon ist zwar auszugehen, doch deutlich größer ist der Verlust der Union in Richtung des einstigen Lieblings-Koalitionspartners FDP. Mehr als 2500 Oldenburger, die vor vier Jahren noch bei der CDU ihr Kreuz machten, entschieden sich in diesem Jahr für die Liberalen. Das waren fast zwei Prozent der Wahlberechtigten. Diese Wechsler bildeten die Grundlage dafür, dass die FDP ihr Ergebnis in der Stadt mehr als verdoppeln konnten.
Allerdings zogen die Freidemokraten auch 1100 vormalige SPD-Wähler auf ihre Seite. Noch mehr Stimmen verloren die Sozialdemokra- ten allerdings innerhalb ihres eigenen politischen Lagers, nämlich an die Grünen (knapp 1500 Wähler) und Die Linke (rund 1600Wähler). Das zeigt (ebenso wie die Wählerwanderung von der CDU zur FDP): Auch wenn die Unzufriedenheit mit den beiden Volksparteien groß war, blieb dieMehrheit derWechsler zumindest seiner politischen Grundausrichtung treu.
Das gilt nicht für die immerhin mehr als 800 Oldenburger, die noch vor vier Jahren der SPD ihre Stimme gaben und sich diesmal in der Wahlkabine für die AfD entschieden. Hier kann man von Protestwählern ausgehen, die nicht nur von der SPD, sondern auch von den Konkurrenten innerhalb der etablierten Parteienlandschaft enttäuscht sind.
Eine der erfreulichsten Zahlen der Bundestagswahl war die Wahlbeteiligung. Sie stieg in der Stadt Oldenburg von 74,2 auf 77,9 Prozent. Insgesamt 7303 Menschen mehr als vor vier Jahren gaben ihre Stimme ab. Das lag einerseits an den vielen Neubürgern in der wachsenden Stadt. Andererseits aber auch an vorherigen Nichtwählern, die entschieden haben, diesmal zur Wahl zu gehen. Laut statistischer Erhebung waren das rund 4300 Oldenburger.
Diese schauten allerdings selten im Wahllokal vorbei, um die Große Koalition zu stärken. Stattdessen entschieden sich viele für die Ränder des politischen Spektrums. Jeweils rund 1000 Stimmen gingen dadurch an Parteien, die aufgrund ihrer Ankündigung (AfD) oder aufgrund der Umfrageergebnisse (Linke) klar für Opposition standen – ein deutlicher Denkzettel für die Regierung.