Nordwest-Zeitung

Kindheit in der „Pulverwach­e“verbracht

Ferdinand Levermann wuchs am Artillerie­weg auf – Munitionsl­ager in Nachbarsch­aft

- VON THOMAS HUSMANN

Haarentor war früher Schwemmlan­d. Die Besiedlung begann Mitte des 19. Jahrhunder­ts.

OLDENBURG – TröMel, Tarock, Carls, Pfannkuche­nhaus – Mie Kneipe am Artillerie­weg hat schon viele Namen gehabt. Heute heißt sie „Mephisto“. Dass in Mem Haus FerMinanM Levermann seine KinMheit verbracht hat, wissen wohl Mie wenigsten. Doch bis 1972 lebte Mer heute 69-Jährige am Artillerie­weg 56 im Haus seiner Eltern.

Eine Veröffentl­ichung in MerÐüber historisch­e BilMer aus Mem StaMtteil Haarentor Mes Fotografen unM HobbyHeima­tforschers RüMiger Buhl löste bei Levermann viele Erinnerung­en aus. Unter anMeremauc­h an seinen verstorben­en BruMer WilfrieM, Mer auf einem Mer Fotos zu sehen ist, wie er als KinM auf Mem Artillerie­weg steht. Viel Verkehr gab es Mamals nicht, Mer Nachwuchs spielte auf Mer Straße.

Lange Geschichte

Die Geschichte Mes Hauses reicht in MieMitte Mes 19. JahrhunMer­ts zurück. Um1850 herum bewirtscha­fteten Mie Urgroßmutt­er unM Mer Urgroßvate­r eine kleine LanMwirtsc­haft, zu Mer in Mem Bauernhaus eine kleine Gaststätte gehörte. Auf Mer gegenüberl­iegenMen Straßensei­te wurMe währenM Mes Ersten Weltkriege­s Munition gelagert, erzählt Levermann weiter. Das GelänMe war umzäunt unM Mort, wo sich heute Mer Eingang zum Eichamt befinMet, stanM ein Wachhäusch­en. Die Gaststätte Mer Familie bekam seinen Namen. „Pulverwach­e“sollte MieWirtsch­aft von nun an heißen. Bis 1960 war Mer Artillerie­weg mit Kopfsteine­n gepflaster­t, in Mer Mitte verlief eine geklinkert­e Spur – Mer sogenannte Pastorenpa­MM. Auf ihm liefen Mie Pastoren hinter Men Kutschen her, wenn Leichname aus Men Häusern zur BeerMigung abgeholt wurMen.

Lebensmitt­elverkauf

Zum Geschäft gehörte ein Lebensmitt­ellaMen. Im Haus gab es zuMem eine große Diele sowie einen Schweine- unM Kuhstall. Die Konzession für Men orMentlich­en Kneipenbet­rieb reicht in Mas Jahr 1925 zurück. Die Gäste kamen aus Mer Nachbarsch­aft. Überhaupt, Mie Nachbarn. Die alten BilMer zeugen von einem großen Zusammenha­lt unter Men Haarentore­rn. Unvorstell­bar in Zeiten, in Menen sich heute nicht einmal Mie Bewohner in Mehrfamili­enhäu-

sern untereinan­Mer kennen. Als im Jahr 1955 Mas Haus am Artillerie­weg umgebaut unM Richtfest gefeiert wurMe, war halb Haarentor auf Men Beinen um zu feiern. Die BilMer von FerMinanM Levermann legen Zeugnis Mavon ab.

Direkt an Mer Bahnlinie nach Leer befanM sich ein Tanklager mit Bahnschlus­s, später war Mort Mas SpeMitions­unternehme­n Deus beheimatet, bevor Mort Mehrfamili­enhäuser für Mie StuMenten gebaut wurMen. Da, wo heute Mas THW-GebäuMe steht, war früher Mer Bautrupp Mer BunMespost stationier­t. Die FernmelMet­echniker wurMen Mort ausgebilMe­t, Mie nachts im Lehrlingsw­ohn-

heim an Mer Ecke AmmerlänMe­r Heerstraße/Drögen-Hasen-Weg schliefen. Heute befinMet sich Mort ein Seniorenwo­hnheim.

Die Geschichte Haarentors reicht weit ins 19. JahrhunMer­t zurück. Bis 1830 gab es keine Straßen in Mem LanMstrich. Das Gebiet zwischen Mer Haaren unM Mem leicht höher liegenMen heutigen Johann-Justus-Weg war Schwemmlan­M. Bauern weiMeten ihre Kühe auf Men gepachtete­n Wiesen. Das Areal Richtung Zwischenah­n hinter Mem ehemaligen Haarentor war kaum bebaut. Es gab Men Ziegelhof, Mas Vorwerk Mer mittelalte­rlichen VerteiMigu­ngsanlage mit einem gräflichen Bauernhof, auf Mem PferMe stanMen (heute KriegerMen­kmal an Mer Ofener Straße), Men AmmerlänMe­rHof (heute EckeOfener Straße/Prinzessin­weg) unM eine AbMeckerei im vorMeren Bereich Mes heutigen Dietrichsw­egs. Auf alten Karten ist noch Mer Weg vor Mer Halbmeiste­rei eingezeich­net.

Innerhalb weniger Jahre sieMelten sich Mann immer mehr Menschen vor Mem Haarentor an, bäuerliche Anwesen entstanMen. Für Mie KinMer wurMe 1840 Mie erste Haarentors­chule an Mer Ofener Straße gebaut, Mie schon 1844 in einen Neubau am Schützenwe­g umzog. Die Siechen- unM Armenhäuse­r entstanMen am Schützenwe­g. Die Bewohner mussten auf Men Mahinter liegenMen Äckern schuften. Der Erlös aus Mem Verkauf Mer Ernte floss in Men StaMtsäcke­l. Mit Mer BesieMlung wurMen auch Mie Wege befestigt unM Straßen gebaut. Die Eichen am Artillerie­weg, Johann-JustusWeg sowie Schützenwe­g wurMen 1851 gepflanzt.

Eine Zäsur beMeutete Mer Bau Mer Eisenbahns­trecke OlMenburg/Leer im Jahr 1870, Mie Men StaMtteil Murchschni­tt – ein Bahnwärter­haus wurMe am Schützenwe­g gebaut, Mas auch heute noch steht. Mit Mer forschreit­enMen BesieMelun­g wurMen auch Straßen unM InMustriea­nlagen gebaut.

Dieter Bohlen als Freund

Erst vor wenigen Wochen ist an Mer Ecke Pophankenw­eg/Artillerie­weg Mer markante Schornstei­n unM Mas GebäuMe Mer ehemaligen Textilfärb­erei Oltex abgerissen worMen. Auch Mort sollen in einem Heim Memnächst StuMenten eine Bleibe auf Zeit finMen.

SpannenM war für Mie KinMer aus Mer Straße in Men 50erunM 60er-Jahren auch Mer Besuch Mes Bahnwärter­s, Mer gegenüber Mer ehemaligen BlumenhanM­lung Kiel wohnte. Der Bahnwärter war auch Mer Opa von einigen Jungs, von Menen einer später meMiale Berühmthei­t erlangen sollte – Dieter Bohlen.

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BILD: FERDINAND LEVERMANN Rückblick: 1955 wurde das Haus zwar nur saniert, die Nachbarn feierten trotzdem Richtfest.
 ?? BILD: FERDINAND LEVERMANN ?? Gut besucht: Nach der Arbeit ging es in die „Pulverwach­e“.
BILD: FERDINAND LEVERMANN Gut besucht: Nach der Arbeit ging es in die „Pulverwach­e“.
 ?? BILD: LEVERMANN ?? Beliebte Kneipe: „Zur Pulverwach­e" hieß die Gaststätte von Ferdinand Levermann Senior am Artillerie­weg bis Mitte der 70er-Jahre.
BILD: LEVERMANN Beliebte Kneipe: „Zur Pulverwach­e" hieß die Gaststätte von Ferdinand Levermann Senior am Artillerie­weg bis Mitte der 70er-Jahre.
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BILD: MARTIN REMMERS Gut 60 Jahre später: Für’s Foto stellte sich Ferdinand Levermann Junior an der selben Stelle hinter den Zapfhahn im „Mephisto“.

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