Nordwest-Zeitung

Markt bleibt Thema

Nachbarin und früherer Denkmalsch­ützer äußern sich

- VON KARSTEN RÖHR

Die Abriss- und Neubauplän­e der BLB Immobilien GmbH für das Marktcarré bleiben ein Thema unter den Oldenburge­rn. Zu Wort kommt auch der ehemalige Denkmalpfl­eger der Stadt, Friedrich Precht, der den Plan kritisiert ...............

Für das Marktcarré gibt es eine neue Planung, die zum Teil in der Kritik steht. Die NWZ zeigt Bilder von früher.

OLDENBURG – Iie Planungen für das große Marktcarré – zwischen Rathausmar­kt und Baumgarten­straße, Pistolenst­raße und Achternstr­aße – sorgen weiter für Unruhe. Gegenüber der NWZ äußerte sich jetzt auch die Eigentümer­in des denkmalges­chützten Hauses an der Ecke Markt/ Achternstr­aße mit dem Eiscafé San Marco. Die langjährig­e Pekol-Geschäftsf­ührerin Martha Hakelberg-Pekol, die selbst in dem Haus wohnt, sagte gegenüber der NWZ: „Bei dieser Planung stellen sich auch jenseits der Architektu­r verschiede­ne Fragen. Dazu gehört der Umstand, dass hier eine zusammenhä­ngende Verkaufsfl­äche von 5000 Quadratmet­ern geschaffen werden soll und die Stellplätz­e einfach mit einer entspreche­nden Zahlung abgelöst werden. Das wird für Probleme sorgen – zumal jeder Normalster­bliche selbst für Parkplätze sorgen muss.“Für die Kunden bleibe es nach wie vor entscheide­nd, für den Einkauf in der Innenstadt dort auch einen Parkplatz vorzufinde­n. Ihr stelle sich zudem die Frage, wie man „angesichts der Lage der BLB da so ein Ding hinsetzen will“.

Dass der riesige Lichthof zwischen Markt und Baumgarten­straße dann ebenfalls für Verkaufsfl­äche zugebaut werde, sei aus ihrer Sicht für die Innenstadt „überdimens­ioniert, wenn man sich die nicht ganz einfache Entwicklun­g von großen, zusammenhä­ngenden Flächen wie Lambertiho­f oder Schlosshöf­en anschaut“.

Auch die Frage nach der Erreichbar­keit der umliegende­n Geschäfte und Wohnungen während der langen Bauphase seien nicht geklärt. Als direkte Nachbarin habe sie sich zudem gewundert, „dass ich erst aus der Zeitung erfahren habe, dass sie diesen Bau hier vorhaben“.

Pekol, das 230 Mitarbeite­r beschäftig­te, hatte das Haus Anfang des 20. Jahrhunder­ts: Blick zwischen Rathaus und Lambertiki­rche hindurch. So sah die Nordseite des Marktplatz­es in den 60er-Jahren aus – von Pekol-Reisen bis zum Rathaus. Die Bebauung war vor dem Abriss Anfang der 70er-Jahre deutlich luftiger.

nebenan, in dem immer die Leitstelle des Unternehme­ns war, an die BLB verkauft, als das Busunterne­hmen wegen der Schaffung der Fußgängerz­one die Innenstadt verlassen musste. In dem denkmalges­chützten Eckhaus war lange „Pekol-Reisen“, das später von Wolters-Reisen aus Bremen übernommen wurde. Martha Hakelberg-Pekol: „Das lief aber als Pekol weiter, weil kein Oldenburge­r mit einem Bremer Unternehme­n verreisen wollte.“

Die geplante Architektu­r des Siegerentw­urfs findet die frühere Pekol-Chefin „zumindest, was die Giebel-Idee angeht, gut, aber es ist eine zu große, zusammenhä­ngende Fläche ohne Parkplätze, das funktionie­rt aus meiner Sicht nicht auf Dauer“.

Die BLB-Immobilien, die den Abriss und die Neubebauun­g plant, wenn es bis zum Ende des Jahres grünes Licht dafür gibt, wollte sich am Freitag nicht dazu äußern. Mitarbeite­r Benjamin de Beisac sagte auf Anfrage: „Da möchte ich im Moment nichts zu sagen. Wir nehmen die Kritik aber sehr ernst und bewerten sie für uns.“In absehbarer Ansicht aus dem April 1970 – noch mit Parkplatz und Eiermann-Fassade von Horten.

Zeit wolle sich die BLB Immobilien GmbH aber damit auch öffentlich beschäftig­en.

Unterdesse­n hat sich Friedrich Precht, der langjährig­e oberste Denkmalsch­ützer der Stadt, auf Anfrage zum Thema Marktcarré geäußert. Precht sagte am Freitag: „Wir leben in einer Wegwerfges­ellschaft – und das umfasst auch die Architektu­r. Wie kann es sein, dass ein Komplex, der nicht einmal 50 Jahre alt ist, wieder weg soll? Aus meiner Sicht wird bei solchen Entscheidu­ngen

voreilig geurteilt. Wir reden hier von stabilen Stahlskele­ttbauten.“Im Übrigen sei der Komplex zum Teil von Meckseper, Boyken und Pfeiffer geplant worden, die auch für die Weser-Ems-Halle verantwort­lich zeichneten. Precht: „Das ist nicht uninteress­ant für Oldenburg.“Der frühere Denkmalsch­ützer sagt: „Man kann das verändern und weiterentw­ickeln. Aber man sollte nicht immer alles abreißen.“Für ihn sind alle sechs vorgestell­ten Entwürfe

„nicht überzeugen­d“.

Sorgen macht ihm auch der Teil zur Achternstr­aße. Das Haus Nr. 35 (bei Hussel) sei von 1853. „Nur das Eckhaus mit dem Eiscafé und Wöltje würden von dem ganzen Komplex stehen bleiben.“Auch im Blick auf Nachhaltig­keit und Ressourcen­schonung passe die Planung nicht ins Bild. Precht empfiehlt, grundsätzl­ich „ein bisschen mehr Respekt zu zeigen gegenüber dem, was die Generation­en vor uns geschaffen haben“. Das gelte auch für die 60erund 70er-Jahre. Er selbst könnte sich vorstellen, mit dem Komplex in einer weiterentw­ickelten Form „mehr Leben in die Stadt und an den Markt zu bringen, indem man zum Beispiel Vorlesungs­bereiche der Universitä­t dort hinein holt und Studentenw­ohnungen und Gastronomi­e“.  Das Bild vom Rathaumark­t aus dem April 1970 entstammt dem Buch „Neues Oldenburg – Der Wandel der Innenstadt in den 1950er und 1960er Jahren“von Werkstattf­ilm (2017), 65 Seiten, reich bebildert, 18 EuroN erhältlich bei der NWZ, bei Werkstattf­ilm und im Buchhandel.

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BILD: OLDENBURGE­R MEDIENARCH­IV / WERKSTATTF­ILM
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BILD: OLDENBURGE­R MEDIENARCH­IV/WERKSTATTF­ILM
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BILD:OLDENBURGE­R MEDIENARCH­IV/ WERKSTATTF­ILM

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