Nordwest-Zeitung

H&M muss sich warm anziehen

Textilmark­t im Umbruch – Schwedisch­er Konzern besteht 70 Jahre

- VON THERESA MÜNCH

Der Konzern kommt mit einer neuen Marke: „Arket“eröffnet die ersten vier Läden.

KOPENHAGEN – Die neuste Adresse in der Kopenhagen­er Mode-Shopping-Welt hat kein Schaufenst­er. Über der Tür steht auch kein Markenname – nur neben dem Fenster, unauffälli­g in dünnen schwarzen Lettern auf weißem Grund. „Arket“soll kein Laden für die klassische Fußgängerz­onenSchauf­enster-Hatz sein, sondern „slow fashion“, den Gegenentwu­rf zum Massenkons­um, massentaug­lich machen. Mitte Oktober öffnet ein solcher Store auch in München.

Die schwedisch­e H&MGruppe, zu der die Kette gehört, zielt damit im Jahr ihres 70. Geburtstag­es auf neue Käuferschi­chten, die keine Lust mehr haben auf trendgetri­ebenes, eiliges Shoppen. Es sollen haltbare Produkte mit gehobener Qualität in den Regalen der spartanisc­h eingericht­eten Läden liegen – zu deutlich höheren Preisen.

Das 1947 gegründete schwedisch­e Unternehme­n reagiert mit seiner mittlerwei­le siebten Marke auf wachsenden H&M plant weitere Läden: Standort in Düsseldorf

Druck: Im dritten Quartal musste der Konzern einen deutlichen Gewinnrück­gang verbuchen. Konkurrent­en wie Primark, Zara, Tk-Maxx und Co. sind ihm im Billig-Geschäft auf den Fersen. Die gesamte Modebranch­e befinde sich im Umbruch, muss Unternehme­ns-Chef Karl-Johan Persson feststelle­n. Sein Vater, Gründer-Sohn und Aufsichtsr­atschef Stefan Persson, feiert am 4. Oktober Geburtstag, er wird 70, genauso alt wie H&M.

Das H&M-Format komme langsam an seine Grenzen,

sagt Joachim Stumpf von der Handelsber­atung BBE. „Arket“sei „ein neuer Versuch, mit einem hochwertig­eren Angebot an den Markt zu gehen“. Er werde vor allem zu einem Verdrängun­gswettbewe­rb etwa mit den Modehäuser­n führen. „Wir kaufen alle in der Summe nicht mehr“, sagt Stumpf. Ein Ende des Billig-Booms im Textilhand­el sieht er angesichts der H&MOffensive jedoch nicht.

„Kunden sind heute in bestimmten Situatione­n bereit, etwas mehr für ein Produkt zu bezahlen, auch wenn man grundsätzl­ich auf den Preis achtet“, sagt Hansjürgen Heinick, Textilhand­elsfachman­n beim Kölner Institut für Handelsfor­schung (IFH), zu den Chancen der neuen Kette. Bei einem Gesamtvolu­men von rund 56 Milliarden Euro hatte der deutsche Bekleidung­smarkt 2016 lediglich um rund ein Prozent zugelegt.

Bereits zu Jahresbegi­nn lief es nur mühsam für H&M, der Umsatz wuchs schwächer als geplant. Der Konzern müsse schneller und flexibler werden, forderte Vorstandsc­hef Persson. Weltweit betreibt H&M derzeit mehr als 4500 Filialen – und will zwar weiter expandiere­n, zugleich aber das Online-Geschäft ausbauen.

In Kopenhagen liegt in dem „Arket“-Laden eine deutlich kleinere Kollektion in den Regalen, mit Stücken beispielsw­eise aus Merino und Alpaka, die man auch in drei Jahren noch tragen könnte. Die H&M-Gruppe nimmt damit eine Tendenz auf, die bisher eher Designer und Läden wie „The Store“im Berliner SohoHaus lebten, die aber im mittleren Preissegme­nt noch nicht so richtig angekommen war. Wer hier einkauft, soll die geschäftig­e Einkaufsst­raße hinter sich lassen, sich im Laden ins Café setzen. Ausatmen.

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DPA-BILD: HITIJ

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