Großer Jammer über schwarzen Tag
Betr fft: „Reform dringend nötig“, Kommentar von Hans Begerow zu dem mit 709 Abgeordneten im Deutschen Bundestag größten Parlament westlicher Demokratien, Meinung, 26. September, sowie weitere Berichte zur Bundestagswahl
Die Übermacht der Listenabgeordneten wird – gegenüber den von der Mehrheit der Wähler bestimmten Abgeordneten – zu stark.
Die Stärke der über die Listenplätze im Deutschen Bundestag vertretene Parteisoldaten sollten maximal ein Drittel der Abgeordneten betragen – damit die über Direktmandate im Bundestag vertretenen und von der Mehrheit in den Wahlbezirken gewählten Abgeordneten, die das Ohr daheim in ihren Wahlkreisen haben, wieder mehr von der Regierung gehört werden müssen.
Ein dadurch auf 449 Abgeordnete, 299 Direktmandate und 150 Listenplätze verkleinertes Parlament ist ausreichend besetzt. Es muss dadurch wieder der Wille der Wähler gestärkt werden und nicht der Wille der Regierung.
Durch die auf ihre Listenplätze bedachten und alle Regierungsvorlagenund Gesetze zustimmenden Parteisoldaten wird der Wille der Wähler oft missachtet. Dieses trägt zur Politikverdrossenheit und Radikalisierung im starken Maß bei.
Bernhard Thierse ZOnderkesee
Da sitzt sie nun bei 20 Prozent, die gute alte SPD. Groß ist der Jammer über einen schwarzen Tag in der Geschichte. Aber einerseits: Das sind Phantomschmerzen vergangener Größe. Deutschland und Europa haben sich verändert. Die SPD war die Partei der Arbeiterbewegung – es gibt heute keine Arbeiterklasse mehr. Dann hat sich das Parteienspektrum gewandelt. (...) Zusammengenommen hat der linke Flügel aus Grünen, Linken und SPD etwa 40 Prozent, immerhin. Nur hat die SPD da eben keinen Alleinvertretungsanspruch
mehr. (...)
Andererseits hat Martin Schulz einen jämmerlichen Wahlkampf geführt. Nicht nur, dass er den Auftritt nicht beherrscht (...). Schwerer wiegen mindestens drei fatale strategische Fehler. Zuerst hat er den Trumpf seiner europäischen Autorität steckenlassen
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Dann ist er zornig gegen das Glashaus der Regierungspolitik losgezogen, in dem die SPD selbst mitgesessen hat. Statt darauf zu verweisen, wie gut es gelungen ist, das Schiff
Deutschland in schwerer See auf Kurs zu halten (...); darauf, wie viele gute Gesetze maßgeblich auf SPD-Einfluss hin entstanden sind (...), ging eine Schulz-geführte SPD in Fundamentalopposition zu ihrer Koalitionspartnerin Angela Merkel. (...)
Und dann zog er aus mit dem Slogan „Zeit für mehr Gerechtigkeit“– und hatte nicht mehr zu bieten als langweilige Geschichten von der Kassiererin nebenan. Der SPD sind schlicht die sozialen Probleme ausgegangen. Ungerechtigkeit, na klar, gibt es überall; aber nicht alle Ungerechtigkeit kann man mit Gesetzen beseitigen. (...)
Ralf Beiderwieden Oldenburg
Die Kommentare der Medien fallen, je nach Neigung der Redakteure, neutral oder hämisch aus. Die Wähler haben den großen Parteien eine Rüge erteilt. Nur so können sie jemand die Zustimmung
verweigern, eine gute Beteiligung spricht dafür. Nicht nur Parteienforschern war klar, dass die AfD sich selbst zerlegt… hinterher. Nun ist aber zuerst wohl die Rauferei um Jamaika zu erwarten. Adenauer schon erkannte: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern.“Ein arroganter FDP-Lindner und das Team der Grünen werden sich bemühen müssen, Kröten schlucken, ordentliche Kompromisse finden, denn sie werden von dem deutschen Volke hoffentlich „Schaden abwenden“. Bisher hat unsere Bundeskanzlerin es verstanden, unter Mitwirken der SPD, aber die will ja in die Opposition, sagt Schulz. Ob er damit die Mehrheit seiner Parteimitglieder hinter sich hat?
Hartmut Feddersen Brake
Es ist nicht zu fassen, wenn die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende verlauten lässt, sie sähe keine Gründe, die zum schlechtesten Ergebnis ihrer Partei seit 1949 geführt hätten. Wie abgehoben sind Politiker, die so machtbesessen sind und die Ängste und Sorgen der Bürger nicht mehr erkennen (wollen). Da war etwas dran am Hinweis von Herrn Schulz, gerichtet an Frau Göring-Eckardt: „Sie werden es leicht haben, um bei Frau Merkel ihre Koalitionsvorstellungen durchzusetzen.“
Günter Steffen Lemwerder
Das Dilemma der SPD ist im Vergleich zu dem Dilemma der Wahlsiegerin Angela Merkel (CDU) klein. Denn durch die Verabschiedung der SPD aus der Große Koalition ist für diese ein Gewinn, durch die Entscheidung Martin Schulz (SPD), nicht noch einmal eine GroKo mit der CDU einzugehen, sondern die Oppositionsbank zu drücken, richtig, ansonsten würde die SPD bei der Bundestagswahl 2021 als Volkspartei weit unter 20 Prozent rutschen.
Die Wahlsiegerin Angela Merkel (CDU) muss sich nun mit der CSU, mit den Grünen Weitere Leserbriefe auf der nächsten Seite
und der FDP auf eine Jamaika-Koalition einstellen. Dies wird schwierig, aller Wahrscheinlichkeit nach durch die Forderungen der CSU unmöglich. Sollte diese allerdings doch zustande kommen, würde diese auch nicht lange halten. Eine Möglichkeit wäre, CDU und CSU bilden eine Minderheitsregierung. Doch auch diese wäre nach kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt.
Um eine lange Zeit ohne eine handlungsfähige Regierung auszukommen, wäre das Beste für die Bürger, und um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden, der einzige Weg für die Bundesrepublik: Neuwahlen. Was aller Wahrscheinlichkeit nach von den CDU- und CSU-Politikern auf Ablehnung stoßen wird.
Heinrich Kalmer Großenmeer