Hunger und Erntedank
Nein, so richtig danken könne er nicht, sagt mein Gegenüber, als wir uns über das Erntedankfest unterhalten. Zum Dank gehöre auch Freude, und die will sich bei ihm nicht so recht einstellen angesichts der Hungerkatastrophen in der Welt. In Ostafrika zum Beispiel versengen jahrelange Dürren das Land. Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Am härtesten trifft es die Kinder.
Und da wollen wir fröhlich Erntedank feiern? Ich bekenne, dass bei meinen Überlegungen zu Erntedank diese Geschehnisse keine Rolle spielten. Und so fühle ich mich zunächst ein wenig ratlos.
Da kommt mir der Text aus demJesajabuchimKapitel58, Vers 7-12, über den morgen in unseren Kirchen gepredigt wird, zu Hilfe. Dort heißt es: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte. Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen,…“Das heißt für mich: Ja, ich soll mich freuen über mein Wohlergehen und ja, ich soll voll Freude dafür danken dem, von dem alles ist, unserm Schöpfer im Himmel, und ich soll dabei von meinem Reichtum abgeben, denen es am Nötigsten mangelt. Ein guter Weg mit dem Hungrigen in Bangladesch oder im Südsudan unser Brot zu teilen, ist die finanzielle Unterstützung der Organisationen, die dort die schlimmste Not lindern. Und wenn wir es fertigbringen, den Menschen dort wieder Zukunft zu geben, dann haben wir Gutes getan und Freude gebracht.
Dabei denke ich besonders an die Kinder. Denn, wenn wir Kinderaugen zum Strahlen bringen, strahlen sie direkt in unser Herz, auch aus der Ferne. Und so kommt die Freude, die wir andern tun, wieder zu uns zurück. So lasst uns, liebe Leser, in dankbarer Freude das Erntedankfest feiern und die Hungrigen in der Welt dabei nicht vergessen. Denn Christus spricht: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“(Matth. 25, 40)
Walter Karch ist Sprecher des Evangelischen Militärseelsorgebeirates Oldenburg und Kirchenältester in der Ev.-luth. Kirchengemeinde Ofen/Metjendorf.