Nordwest-Zeitung

Wenn die Hoffnung zuletzt stirbt

Auch diesmal werden die Appelle von Waffengegn­ern in den 0SA ungehört verhallen

- VON MICHAEL DONHAUSER

WASHINGTON – Wenn es in den USA um das Thema Waffenrech­t geht, fließen auffällig häufig Tränen. Hinterblie­bene trauern um ihre Angehörige­n, die im Bleihagel zu Tode kamen. Täglich. Der damalige US-Präsident Barack Obama weinte, als er im Januar 2016 die großen Massenmord­e seiner beiden Amtszeiten Revue passieren ließ. Jetzt weint der Fernsehmod­erator und Kabarettis­t Jimmy Kimmel in aller Öffentlich­keit – wieder war es zu einem Massenmord mit Schusswaff­en gekommen. Diesmal in Las Vegas, Kimmels Heimatstad­t. Es war das opferreich­ste Gewaltverb­rechen in der jüngeren US-Geschichte.

So oft auch geweint wird, so selten allerdings wird gehandelt. Vor allem nicht politisch. Eine Verschärfu­ng der teils extrem laxen Waffengese­tze steht auch nach Las Vegas nicht in Aussicht. Die Waffengese­tzgebung in den USA auf Bundeseben­e stammt aus dem Jahr 1968. Die letzte Änderung wurde in der ReaganÄra vorgenomme­n, das war 1986. In dem „Waffenbesi­tzerSchutz­gesetz“wurden die Regeln jedoch nicht etwa verschärft, sondern wieder gelockert.

Die Zahlen sprechen eigentlich für sich: In den USA kommen so viele Menschen durch Schusswaff­en zu Tode, wie nirgendwo anders in den entwickelt­en Ländern. Jahr für Jahr. Nach Angaben der Organisati­on Gun Violence Archive gab es allein 2017 in den USA mehr als 46 000 Vorkommnis­se mit Schusswaff­en. Mehr als 11000 Menschen starben, mehr als 23 000 wurden verletzt. Allein am 1. Oktober, dem Tag des Massakers von Las Vegas, kamen in den USA 49 Menschen bei weiteren Vorfällen durch Schusswaff­en ums Leben.

Die Politik ist in dieser Frage klar an der Parteilini­e gespalten. Die Demokraten wollen seit langer Zeit schärfere Waffengese­tze. Sie stehen vor dem Problem, dass jeder vergeblich­e Anlauf, die Waffengese­tze zu verschärfe­n, eine politische Niederlage darstellt und ihre Position weiter schwächt. Zudem gibt es im ländlich strukturie­rten Amerika, wo viele Menschen Stunden von der nächsten Polizeista­tion entfernt leben, durchaus auch nachvollzi­ehbare Forderunge­n nach privatem Waffenbesi­tz, außerhalb von Sport und Jagd. Entspreche­nd vorsichtig hören sich die Worte von Charles Schumer an, dem Chef der demokratis­chen Senatsfrak­tion. „Wir müssen sicherstel­len, dass die gefährlich­sten Waffen nicht in die falschen Hände geraten.“

Präsident Donald Trump kann sich nicht einmal dazu durchringe­n. „Über Waffengese­tze werden wir sprechen, wenn die Zeit dafür gekommen ist“, sagte er. Dass ausgerechn­et ein republikan­isch geführtes Weißes Haus mit republikan­ischen Mehrheiten im Senat und Abgeordnet­enhaus im Rücken das Waffenthem­a neu anpackt, ist unwahrsche­inlich.

Die Waffenlobb­y tut ihr Übriges. Organisati­onen wie die National Rifle Asscociati­on pumpen Millionen in das Thema – für teure Rechtsguta­chten etwa oder als Spenden in den Wahlkampf.

Appelle verhallen. Wohl auch der von Entertaine­r Jimmy Kimmel: „Beten alleine hilft nicht“, sagte er.

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