Wenn Menschen Erdbeben selbst auslösen
Zergbau-Aktivitäten und das Anlegen großer Stauseen die am häufigsten erfassten 0rsachen
Auch Geothermie-Bohrungen zur Gewinnung von Erdwärme, der Bau von Hochhäusern und die Explosion von Kernwaffen führen zu Beben. Viele werden nicht wahrgenommen.
DURHAM – Bergbau-Aktivitäten und das Anlegen großer Stauseen sind die am häufigsten erfassten Ursachen für menschengemachte Erdbeben. Das geht aus einer Datenbank hervor, in der Forscher Berichte über solche Beben sammeln. In den letzten Jahren allerdings verursachten zunehmend Fracking-Vorhaben seismische Aktivitäten, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Seismological Research Letters“. Dabei wird Gestein im Untergrund durch Einpressen von Flüssigkeit aufgeschlossen. Meist rufen menschliche Aktivitäten nur relativ geringe Erschütterungen hervor. In einigen Fällen können aber durchaus heftige Beben die Folge sein. So habe das Anlegen eines Stausees in China 2008 ein Erdbeben der Stärke 7,9 hervorgerufen. In solchen Fällen sei allerdings meist schon eine erhebliche Spannung im Untergrund aufgestaut, die menschlichen Aktivitäten gäben dann nur den letzten Anstoß für ein Beben, schreiben die Wissenschaftler um Miles Wilson von der britischen Durham Universität.
Wilson und sein Team haben die frei zugängliche Datenbank „HiQuake“erstellt. Es handelt sich um eine Aktualisierung einer bereits bestehenden Datenbank. Initiiert und mitfinanziert wurde das Projekt vom niederländischen Öl- und Gasförderunternehmen Nederlandse Aardolie Maatschappij, das in der Nähe von Groningen ein großes Gasfeld betreibt.
Derzeit seien etwa 730 Projekte, die seismische Aktivität verursachten, in der Datenbank erfasst. Für Deutschland sind bisher 29 Beben eingetragen, die meisten gehen auf Bergbau sowie konventionelle Öl- und Gasförderung zurück. Die Forscher gehen davon aus, dass die Zahl tatsächlicher Beben erheblich höher ist, die meisten jedoch kaum wahrgenommen oder mangels merklicher Auswirkungen gar nicht gemeldet würden.
Neben den bereits genannten Auslösern zählen auch Geothermie-Bohrungen zur Gewinnung von Erdwärme, der Bau von Hochhäusern und die Explosion von Kernwaffen zu möglichen Ursachen nicht-natürlicher Beben. Atomwaffentests in Nordkorea etwa werden im Ausland meist durch die von ihnen verursachten seismischen Erschütterungen bemerkt.
„Alle menschlichen Projekte beeinflussen Kräfte, die auf die Erdkruste wirken, etwa indem sie Massen hinzufügen oder entfernen“, sagte Wilson. „Also sollten wir nicht überrascht sein, dass die Erde auf diese Veränderungen reagiert – und manchmal die Reaktion eben ein Erdbeben ist.“ Bei Twitter: Thomas Gottschalk