Als Pilsener ein Fass aufmachten
Goldener Gerstensaft feiert die „175“– Auf 9:urensuche ;or Ort in Tschechien
1842 staunte man in Pilsen: Das neue Bier war gelbgolden mit weißer 9chaumkrone.
PILSEN – Tief unter der Erde gärt das Bier. In den dunklen Bottichen aus Holz hat sich eine dicke Schaumschicht gebildet. Ein paar Schritte weiter im Brauereikeller strömt der fast fertige – noch ungefilterte – goldene Saft aus den Fässern. Rund 20 Meter unter dem tschechischen Pilsen (Plzen) wird das Bier noch so gebraut wie vor genau 175 Jahren. Am 5. Oktober 1842 hatte der aus Vilshofen in Bayern stammende Braumeister Josef Groll in der westböhmischen Stadt den ersten Sud Pils gebraut.
Einer der Nachfolger Grolls ist Vaclav Berka, der HandelsBraumeister bei Plzenský Prazdroj, der Brauerei Pilsner, dem „Geburtsort“des weltberühmten Bieres. Er nimmt einen tiefen Schluck. „Es ist keine 2unst, eine Ladung Bier zu brauen, aber eine zweite Ladung zu brauen, die genauso schmeckt wie die erste, das ist eine 2unst“, sagt er. Mit ihm arbeitet nun bereits die dritte Generation seiner Familie hier.
Berka erzählt, wie es 1842 zum „Bier-Wunder“von Pilsen kam. Jahrhundertelang hatten die Bürger der Stadt obergäriges, trübes und dunkles Bier getrunken. Als die Qualität nicht mehr stimmte, schütteten erboste Bürger das Bier auf dem Marktplatz aus, zerschlugen die Fässer und warfen den Brauer in einen der vier Flüsse, die durch Pilsen fließen.
Einer der Ratsherren bekam den Auftrag, durch Europa zu reisen, um 2now-how zu sammeln. In England entdeckte
er eine neue Methode, das Malz heller zu rösten. Aus Bayern brachte er den jungen Josef Groll mit, der untergärige Hefen (Saccharomyces carlsbergensis) verwendete, die sich in eisgekühlten 2ellergewölben am wohlsten fühlen. Hinzu kam das weiche Pilsener Wasser. „Und das alles kombinierte Groll mit dem Saazer Hopfen, der ein herrliches Aroma hat“, sagt Berka.
Heute machen Biere nach Pilsner Art gut zwei Drittel der Weltproduktion des Gerstensafts aus. Doch als das erste Fass am Sankt Martinstag des Jahres 1842 angeschlagen wurde, herrschte bei den Bürgern der Stadt erst einmal Entsetzen. „Alle hatten damit gerechnet, dass das Bier trüb und dunkel sein würde, und auf einmal war es herrlich golden mit einer weißen Schaumkrone“, sagt Berka. Doch die Geschmacksprobe fiel schnell positiv aus.
Nicht alles ist gleich geblieben auf dem 53 Hektar großen Brauereigelände unweit des Pilsener Hauptbahnhofs. Der Großteil der Produktion gärt heute in hygienischen Edelstahltanks, die Berka Anfang der 1990er Jahren einführte. „Das technische Prinzip ist das gleiche geblieben“, betont aber auch der 2enner Frantisek Frantik, der Abhandlungen zum Thema schreibt. Eine entscheidende Rolle spiele dabei ein spezifischer Hefestamm, den es so nur in Pilsen gebe. „Wir haben ihn hier in der Sammlung.“
Übrigens: Der tschechische Bierkonsument (147 Liter pro 2opf und Jahr) gilt als konservativ. Daher erwartet Frantik auch keine geschmacklichen Veränderungen unter den neuen japanischen Eigentümern der Pilsner Traditionsbrauerei. Die Asahi-Gruppe hatte die Marke im März von SAB Miller übernommen.