Nordwest-Zeitung

Verlassen die Banken jetzt Katalonien?

Madrid erhöht nach Referendum den wirtschaft­lichen Druc8 auf die Region

- VON CAROLA FRENTZEN UND VERENA SCHMIDT

Die Regierung lehnt weiter jeden Dialog mit der Führung Katalonien­s ab. Jetzt will sie die Region wirtschaft­lich ausbluten.

MADRID/BARCELONA – Die spanische Regierung erhöht im Katalonien-Konflikt den wirtschaft­lichen Druck auf die nach Unabhängig­keit strebende Region. Am Freitag verabschie­dete sie in Madrid ein Dekret, das Firmen und Banken den Weggang aus Katalo- nien erleichter­t. Spanische Medien sprachen von einer „salida exprés“– einem Weggang im Eilverfahr­en. Demnach reicht für einen Ortswechse­l künftig eine Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats – eine Gesellscha­fterversam­mlung muss nicht mehr einberufen werden.

„Es ist nicht die Schuld der Unternehme­n, wenn eine unverantwo­rtliche Politik Unsicherhe­it und Unruhe verbreitet“, sagte der spanische Wirtschaft­sminister Luis de Guindos. Die Entscheidu­ng wurde angesichts der drohenden Unabhängig­keitserklä­rung der Region gefällt. Bereits am hatte die fünftgrößt­e Bank des Landes, Banco Sabadell, angekündig­t, nach Alicante umzuziehen. Am Freitag folgte der Energiekon­zern Gas Natural Fenosa. Er will seinen Hauptsitz von Barcelona nach Madrid verlegen. Die Großbank La Caixa gab etwas später bekannt, nach Valencia umzuziehen.

Auch Cava-Produzent Freixenet könnte Katalonien den Rücken kehren. „Wenn es wirklich zu einer einseitige­n Unabhängig­keitserklä­rung kommen sollte, dann werden viele Firmen aus Katalonien abziehen, was großen Schaden anrichten wird“, zitierte die Zeitung „La Vanguardia“Freixenet-Chef José Luis Bonet. Eine Abspaltung sei „kein Scherz“, sondern „eine echte Katastroph­e“.

Die Katalanen hatten sich bei einem umstritten­en und von der Justiz untersagte­n Referendum mit deutlicher Mehrheit für eine Abspaltung der bisher wirtschaft­sstarken Region von Spanien ausgesproc­hen. Allerdings hatten nur 42 Prozent der Wahlberech­tigten teilgenomm­en.

Die Regierung in Madrid unter Führung von Mariano Rajoy hatte wochenlang mit allen Mitteln versucht, die Volksabsti­mmung zu verhinDonn­erstag dern. Bislang lehnt sie jeden Dialog mit der Regionalre­gierung ab. Diese hatte für Montag eine Parlaments­sitzung angesetzt, bei der die Unabhängig­keit erklärt werden sollte. Jedoch hatte das Verfassung­sgericht die Sitzung am Donnerstag verboten.

Der Chef der Regionalre­gierung, Carles Puigdemont, will laut Medienberi­chten am Dienstag vor dem Parlament in Barcelona Stellung zur „aktuellen politische­n Lage“beziehen. Ob er dabei die Unabhängig­keit ausrufen oder lediglich das weitere Vorgehen seiner Regierung vorstellen will, wurde nicht bekannt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany