Bitte vermitteln!
Anfang kommender Woche wird die katalonische Regionalregierung wohl ihre Unabhängigkeit von Spanien erklären. Dem voraus ging ein Referendum, das einen klaren Verfassungsbruch darstellt, ganz anders als beim schottischen Unabhängigkeitsvotum 2014, das mit Zustimmung der Regierung in London und im Einvernehmen mit der EU stattfand.
Neben der spanischen Regierung hat auch die EUKommission das katalonische Referendum für „illegal“erklärt. Das aber ging völlig unter.
Die Union erscheint auch in dieser für Europa wichtigen Frage als Akteur ohne eindeutig vernehmbare Stimme. Die EU sollte sich jetzt dringend Gehör verschaffen. Die Botschaft liegt dabei klar auf der Hand: eine Unabhängigkeitserklärung käme einem „Katalexit“gleich, einem Herausfallen Kataloniens aus der EU und aus dem Euro. Danach hieße es für die Katalanen „hinten anstellen“.
Zeitgleich müsste die EU mit einem Vertreter zwischen den völlig verhärteten Fronten vermitteln. Auch diesmal fehlt Europa eine glaubwürdige Führungsfigur, die ihr Gewicht in die Waagschale wirft. Dabei könnte Katalonien zum Präzedenzfall werden: auch bei den Flamen in Belgien, den Korsen in Frankreich und der Lega Nord in Italien gibt es Abspaltungstendenzen.
Derweil wandern Banken mit Sitz in Katalonien vorsorglich ab. Die fünftgrößte Bank, Banco Sabadell, verlegt ihren Hauptsitz nach Alicante. Die Caixa Bank, eine Art spanische Sparkasse, trifft Vorkehrungen für eine vorübergehende Sitzverlegung, um im Ernstfall noch Zugang zu den Liquiditätslinien der Europäischen Zentralbank zu haben.
Es zeigt die finanziell-wirtschaftliche Brisanz. Katalonien ist hoch verschuldet, hängt von Krediten der spanischen Zentralregierung ab. Dennoch gehört die Region zu den wirtschaftsstärksten in Spanien.
Dort sind vor allem Firmen beheimatet, die auf den Weltmärkten konkurrenzfähig sind: Hochtechnologie-Unternehmen, zudem große Teile der Autoproduktion und der Pharmaindustrie. Während die anderen Firmen im Land eher für den heimischen Binnenmarkt arbeiten. Von den deutschen Exporten nach Spanien gehen 40 Prozent nach Katalonien.
Deutsche Firmen, die dort stark engagiert sind wie BASF, Bayer, die Handelskette Lidl und VW über die Tochter Seat fürchten nun eine lange Phase der Rechtsunsicherheit.
Es wäre Gift für jede wirtschaftliche Weiterentwicklung. Dabei hat Spanien nach harten Jahren die Rezession noch nicht lange hinter sich gelassen. Man kann nur hoffen und bitten: die EU soll vermitteln!