Nordwest-Zeitung

In Europa ächzt und kracht es an allen Ecken

Die einen organisier­en ;olksabstim­mungen, die anderen kämpfen mit Waffenge<alt

- VON EMILIO RAPPOLT

MADRID – Katalonien ist nicht die einzige Region in der Europäisch­en Union, die mehr Autonomie oder Unabhängig­keit vom Zentralsta­at anstrebt. Beispiele:  BASKENLAND

Schon im Mittelalte­r haben die Basken weitgehend­e Autonomie erhalten. Fast 50 Jahre lang kämpfte die Untergrund­organisati­on ETA für einen von Spanien unabhängig­en Staat. Bei Anschlägen kamen Hunderte Menschen ums Leben. 2011 erklärte die ETA den Verzicht auf Gewalt.

 KORSIKA

Seit Jahrzehnte­n gibt es Bestrebung­en für mehr Eigenständ­igkeit – oft gewaltsam, mit Anschlägen etwa auf französisc­he Behördenge­bäude. 2014 legte die Korsische Nationale Befreiungs­front FLNC allerdings die Waffen nieder.

 SCHOTTLAND

Die Pläne für ein neues Referendum über die Abspaltung von Großbritan­nien hat Schottland­s Regierungs­chefin Nicola Sturgeon zwar vorerst auf Eis gelegt, vom Tisch sind sie aber nicht. Wenn mehr Details über den britischen EUAustritt bekannt sind, will sie erneut abstimmen lassen.  LOMBARDEI/VENETIEN/ SARDINIEN

In den wirtschaft­sstarken Regionen Lombardei und Venetien sollen die Menschen am 22. Oktober in Referenden über mehr Autonomie abstimmen. In Sardinien fühlen Separatist­en durch Katalonien Rückenwind; Separatist­en reisten eigens nach Barcelona. Der Vorsitzend­e der Autonomieb­ewegung Unidos, Mauro Pili, hat im Parlament in Rom sogar einen Gesetzentw­urf für ein Unabhängig­keitsrefer­endum eingebrach­t.  FLANDERN

Die flämischen Nationalis­ten streben ein „völlig unabhängig­es Flandern“als Fernziel an. Migrations­minister Theo Francken von der nationalis­tischen N-VA, die seit 2014 in der belgischen Föderalreg­ierung sitzt, lobt die Katalanen und erklärt: „Die N-VA will keine Revolution und beabsichti­gt keine Abspaltung.“ OBERSCHLES­IEN

Die 1990 gegründete Bewegung für die Autonomie Oberschles­iens (RAS) will eine Autonomie wie vor dem Zweiten Weltkrieg erreichen. Sie fordert aber keine Unabhängig­keit. Von der polnisch-nationalis­tischen Regierungs­partei PiS wird die RAS bekämpft. Jetzt plant die Bewegung eine eigene Regionalpa­rtei. Ein Unabhängig­keitsrefer­endum strebt die RAS nicht an.  MÄHREN

Immer mehr Rathäuser folgen seit 2010 einer Initiative, im historisch­en Landesteil Mähren an Feiertagen die alte Fahne auszuhänge­n. Ernsthafte Bestrebung­en für eine Unabhängig­keit gibt es bislang nicht. Vor der Teilung der Tschechosl­owakei 1993 in Tschechisc­he und Slowakisch­e Republik war auch die Variante einer tschechisc­h-mährisch-slowakisch­en Dreierföde­ration im Gespräch gewesen. Das Vorhaben scheiterte aber.  SIEBENBÜRG­EN

In Rumänien sorgen die Autonomief­orderungen der Vertreter der ethnischen Ungarn für Zündstoff. Die Spannungen wurden nach 1996 von der fast pausenlose­n Regierungs­beteiligun­g der Ungarn-Partei gedämpft. Doch die Emotionen dürften 2018 wieder hochkochen, wenn Rumänien das 100. Jubiläum der „Wiedervere­inigung“mit dem bis dahin zu Ungarn gehörenden Siebenbürg­en feiert. Im Nachbarlan­d Moldau verbreitet sich das Gerücht, dass in Siebenbürg­en ein Unabhängig­keitsrefer­endum nach katalonisc­hem Modell bevorstehe.  ZYPERN

Der Nordteil der Insel, die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern, hat sich bereits 1983 mit türkischer Militärhil­fe de facto von der Republik Zypern abgetrennt. Seitdem sind mehrere Bemühungen gescheiter­t, die Teilung mit der Bildung einer Föderation zweier Länder mit gleichen politische­n Rechten zu überwinden. Ganz Zypern ist seit 2004 Mitglied der EU. Das EU-Recht gilt aber nicht im Norden.  GRÖNLAND/ FÄRÖER-INSELN

Sowohl auf Grönland als auch auf den Färöer-Inseln gibt es Unabhängig­keitsbeweg­ungen. Beides sind seit 1948 relativ autonome Regionen. 1979 erlangte Grönland Autonomie mit eigener Regierung, und nach einer Volksabsti­mmung trat die Insel 1985 aus dem EU-Vorläufer EWG aus. Am 25. April 2018 wollen die Färöer ein Referendum über eine eigene Verfassung abhalten. Sie sind nicht in der EU.

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