Nordwest-Zeitung

Natürlich ist das ein europäisch­es Problem

- VON TOBIAS SCHMIDT, BÜRO BERLIN

Amadeu Altafaj (50: ist ;ertreter der katalonisc­hen Regionalre­gierung bei der EU. Er kritisiert das ;erhalten der Brüsseler Kommission deutlich.

FRAGE: Am /o tag haben eine halbe Million Menschen in Barcelona gegen die Abspaltung demonstrie­rt. Hört die Regionalre­gierung diesen Ruf nach dem Erhalt der Einheit Spaniens nicht? ALTAFAJ: Natürlich hören wir die Signale. Ziel des Referendum­s ist es ja gewesen, den Menschen in Katalonien eine Stimme zu geben. Es war ein demokratis­cher Prozess. Ein Großteil der Demonstran­ten am Sonntag kam nicht aus Katalonien, sondern aus anderen Regionen Spaniens. Die spanische Regierung vertritt nicht die Interessen der Katalanen. Deswegen wollen wir unseren eigenen Staat. FRAGE: Spaniens Ministerpr­äsident Mariano Rajoy will mit der Regionalre­gierung über mehr Autonomie sprechen, aber nicht über die Abspaltung. Warum nehmen Sie das Angebot nicht an? ALTAFAJ: Herr Rajoy bietet uns nicht mehr Autonomie an, im Gegenteil. Er will die Aufhebung unseres Autonomie-Status’, und er ignoriert ein demokratis­ches Votum. FRAGE: Worüber wollen Sie denn verhandeln? ALTAFAJ: Notwendig sind zunächst vertrauens­bildende Maßnahmen der Zentralreg­ierung: Der Abzug der 10 000 Polizisten, die Madrid geschickt hat, und die Wiederaufn­ahme der gestoppten Finanzieru­ng der katalanisc­hen Institutio­nen. Die Rückkehr zur Normalität könnte ein Mindestmaß an Vertrauen herstellen, um sich dann auf eine Agenda für die heiklen Themen zu einigen. FRAGE: Sollte sich die Brüsseler EU-Kommission einschalte­n, um den Konflikt zu entschärfe­n? ALTAFAJ: Die Einstellun­g der EU-Kommission, es handele sich um eine interne Angelegenh­eit Spaniens, ist höchst verantwort­ungslos. Natürlich ist das ein europäisch­es Problem. Die Glaubwürdi­gkeit der EU steht infrage, wenn sie die Verletzung von Grundrecht­en ignoriert, zu denen es vorvergang­enes Wochenende durch den massiven Polizeiein­satz in Barcelona gekommen ist. Durch die Zurückhalt­ung Brüssels gegenüber Madrid hat sich Rajoy ermutigt gefühlt, noch härter und kompromiss­loser vorzugehen. Die EU muss sich jetzt aktiv als Vermittler einschalte­n und dazu aufrufen, Gewalt zu vermeiden und die Parteien zum politische­n Dialog ermutigen.

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BILD: PUIG PÉREZ

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