Natürlich ist das ein europäisches Problem
Amadeu Altafaj (50: ist ;ertreter der katalonischen Regionalregierung bei der EU. Er kritisiert das ;erhalten der Brüsseler Kommission deutlich.
FRAGE: Am /o tag haben eine halbe Million Menschen in Barcelona gegen die Abspaltung demonstriert. Hört die Regionalregierung diesen Ruf nach dem Erhalt der Einheit Spaniens nicht? ALTAFAJ: Natürlich hören wir die Signale. Ziel des Referendums ist es ja gewesen, den Menschen in Katalonien eine Stimme zu geben. Es war ein demokratischer Prozess. Ein Großteil der Demonstranten am Sonntag kam nicht aus Katalonien, sondern aus anderen Regionen Spaniens. Die spanische Regierung vertritt nicht die Interessen der Katalanen. Deswegen wollen wir unseren eigenen Staat. FRAGE: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy will mit der Regionalregierung über mehr Autonomie sprechen, aber nicht über die Abspaltung. Warum nehmen Sie das Angebot nicht an? ALTAFAJ: Herr Rajoy bietet uns nicht mehr Autonomie an, im Gegenteil. Er will die Aufhebung unseres Autonomie-Status’, und er ignoriert ein demokratisches Votum. FRAGE: Worüber wollen Sie denn verhandeln? ALTAFAJ: Notwendig sind zunächst vertrauensbildende Maßnahmen der Zentralregierung: Der Abzug der 10 000 Polizisten, die Madrid geschickt hat, und die Wiederaufnahme der gestoppten Finanzierung der katalanischen Institutionen. Die Rückkehr zur Normalität könnte ein Mindestmaß an Vertrauen herstellen, um sich dann auf eine Agenda für die heiklen Themen zu einigen. FRAGE: Sollte sich die Brüsseler EU-Kommission einschalten, um den Konflikt zu entschärfen? ALTAFAJ: Die Einstellung der EU-Kommission, es handele sich um eine interne Angelegenheit Spaniens, ist höchst verantwortungslos. Natürlich ist das ein europäisches Problem. Die Glaubwürdigkeit der EU steht infrage, wenn sie die Verletzung von Grundrechten ignoriert, zu denen es vorvergangenes Wochenende durch den massiven Polizeieinsatz in Barcelona gekommen ist. Durch die Zurückhaltung Brüssels gegenüber Madrid hat sich Rajoy ermutigt gefühlt, noch härter und kompromissloser vorzugehen. Die EU muss sich jetzt aktiv als Vermittler einschalten und dazu aufrufen, Gewalt zu vermeiden und die Parteien zum politischen Dialog ermutigen.