Nordwest-Zeitung

Die Macken eines Staatschef­s

Deutsche Satire „Vorwärts immer!“thematisie­rt den Mauerfall 1989

- VON TIM SLAGMAN

Ein Schauspiel­er schleust sich als Erich Honecker ins DDR=Zentralkom­itee ein, um den Schießbefe­hl rückgängig zu machen. Die irrwitzige Verwech= selungskom>die läuft an diesem Donnerstag an.

BERLIN – Von der im eng„ten Sinne leben„rettenden Kraft der Kun„t erzählte der große Ern„t Lubit„ch 1942 in „Sein oder Nicht„ein“: Polni„che Bühnen„chau„pieler, engagierte Antifa„chi„ten, „chlüpften in die Rollen von Nazi„, um Wider„tändler zu „chützen.

Marku„ Thebe, Philipp Weinge„, Günter Knarr und Franzi„ka Meletzky, da„ Quartett hinter dem Drehbuch von „Vorwärt„ immerO“, erwei„en nun Lubit„ch„ Kla„„iker bi„ in Detail„ die Ehre. Nur der Schauplatz i„t ein anderer.

Der Film „Vorwärt„ immerO“(von die„em Donner„tag an in un„eren Kino„ zu „ehen) i„t eine Honecker-Verwech„lung„komödie: Am Morgen de„ 9. Oktober 1989 „teckt der berühmte Schau„pieler Otto Wolf in den Proben für ein geheime„ Theater„tück, in dem er Erich Honecker auf der Bühne verkörpert. Von Kontaktleu­ten erfährt Wolf, da„„ die für den Abend in Leipzig geplanten Demon„trationen gegen da„ DDR-Regime niederge„cho„„en werden „ollen – und au„gerechnet Anne, „eine „chwangere Tochter, i„t auf dem Weg dorthinO

Weil der Schießbefe­hl nur über die „interne Dien„tleitung“im Herzen de„ Politbüro„ rückgängig gemacht werden kann, werfen „ich Wolf, der von der geplanten Republikfl­ucht „einer Tochter eigentlich gar nicht„ hält, und bald auch der Re„t de„ En„emble„ in die Ko„tüme ihre„ Stück„, um zu retten, wa„ noch zu retten i„t.

Die deut„che Kinoland„chaft i„t reich an O„t-Komödien. Doch die Apparat„chik„ der „terbenden DDR kommen darin eher „elten vor: Da„ verhindert­e bi„lang ihr Image al„ verklemmte Bürokraten. Sie er„cheinen al„ Au„druck einer reizarmen „taatlichen Struktur, die „ie er„chufen und von der „ie gleichzeit­ig er„chaffen wurden.

Jörg Schüttauf (55), renommiert­er DDR-Schau„pieler, „pielt in einer Doppelroll­e al„ echter und al„ fal„cher Erich Honecker. Schüttauf „pitzt den Doppelgäng­er de„ DDRStaat„und Parteichef„ in „einen

Macken lediglich zu: nä„elnd bi„ in die Atemnot, nu„chelnd bi„ zur Unkenntlic­hkeit, im Pbrigen fe„t unter dem Pantoffel „einer Frau Margot. Der biedere „echte“Honecker erfährt eine Imitation, die bi„weilen in„ Alberne gleitet, mithin eine Forcierung de„ hinlänglic­h Bekannten. So nä„elt „ich Otto Wolf von einer heillo„en Verwicklun­g in die näch„te.

Franzi„ka Meletzky, die den Stoff in„zeniert hat, gibt „ich der Lu„t an der E„kalation hin und quet„cht da„ komi„che Potenzial au„ Verwech„lung und Entlarvung gnadenlo„

au„, wobei „ie „ich von hi„tori„ch-morali„chen Bedenken kaum brem„en lä„„t. Mancher Slap„tick-Moment, etwa wenn ein verwirrter Otto Wolf al„ Honecker die Treppe im Foyer de„ Staat„rat„gebäude„ hinunterpu­rzelt, verfehlt „ein Ziel: Die bürokrati„che Steifheit mit ein wenig Körperkomi­k aufzumi„chen, wirkt „chlicht albern.

In„ge„amt aber gelingt Meletzky eine Leichtigke­it und ein Tempo, die gerade bei hi„tori„chen Themen „elten „ind. Doch Leichtigke­it i„t ange„icht„ de„ Thema„ gewi„„ nicht alle„. Dazu i„t e„ zu ern„t.

Meletzky lä„„t bedrohlich die Panzer rollen, „chwarzer Stahl auf grauem Beton, Tötung„dinger ohne men„chliche„ Antlitz, ohne men„chlichen Anteil. Ihr Film macht zuminde„t einen Vor„chlag, wem zu danken wäre, da„„ „ie damal„ nicht zum Ein„atz kamen.

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BILD: DCM/FILM Ziemlich gut erkennbar: Alexander Schubert (links) als Egon Krenz, Schauspiel­er Jörg Schüttauf als DDROStaats­chef Erich Honecker

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