Eine Kehrtwen'e – o'er nicht?
Trump fährt in Sachen Iran Doppelstrategie
WASHINGTON – Viel Lärm um nichts oder eine neue Strategie? Mit viel Tamtam verkündet US-Präsident Donald Trump eine Kehrtwende in der Iran-Politik, eine härtere Linie als sein Vorgänger Barack Obama. Er lässt das Atomabkommen mit Teheran zwar bestehen, setzt aber die ohnehin schon gefährdete Konstruktion den Stürmen der Weltpolitik aus. Mit ungewissem Ausgang. Es geht um jenen Deal zwischen dem Iran, den USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China aus dem Jahr 2015, der die islamische Republik vom Bau einer Atombombe abhalten soll.
Der US-Präsident fährt eine Doppelstrategie. Er verweigert zwar die Bestätigung des Abkommens, er macht es damit aber nicht kaputt. Er überlässt es dem Kongress, was damit passieren soll. Die Abgeordneten könnten innerhalb von 60 Tagen die Wiederaufnahme von Sanktionen gegen Teheran beschließen. Das wäre ein Bruch des Deals, aber dieser Schritt gilt als nicht sehr wahrscheinlich. Die nötigen Mehrheiten dafür sind nicht sicher. Die Republikaner haben das Abkommen zwar unter Obama scharf kritisiert. Inzwischen sind viele von ihnen aber der Meinung, dass man daran festhalten müsse.
Es wäre jedoch möglich, dass der Kongress ein bestehendes Gesetz um weitere Sanktionsmöglichkeiten erweitert. Diese könnten dann etwa verhängt werden, wenn der Iran aus amerikanischer Sicht zu neuen Provokationen greift. Etwa neue Raketen testet. Dann hätte Washington ein weiteres Paar großer Daumenschrauben.
Trump legt damit einmal mehr das Schicksal eines ihm unliebsamen Themas in die Hände des Kongresses. Das ist kein ungeschickter Schachzug. Falls der Kongress sich nicht auf einen neuen IranKurs einigen sollte, könnte der Präsident mit dem Finger auf die Abgeordneten zeigen und jede Schuld am Scheitern der Strategie von sich weisen. Schon für die zahlreichen Niederlagen bei der Gesundheitsreform machte er das Parlament verantwortlich, beschimpfte immer wieder auch Vertreter seiner eigenen Partei. Bei vielen seiner Anhänger verfing das.
Trump hätte das Abkommen längst zu Fall bringen können, auch ohne den Kongress. Alle 120 Tage muss seine Regierung einen Erlass verlängern, durch den die Sanktionen gegen den Iran ausgesetzt bleiben. Sie hat dies jüngst im September getan. Indem er das Abkommen nun nicht bestätigt, bringt er damit noch einmal offiziell seine Verachtung zum Ausdruck: ein weiteres Signal an seine Basis. Der ist der Deal ein verhasstes Qberbleibsel aus der Obama-Ära.
Der Republikaner sucht einmal mehr auf großer Bühne den Bruch mit Obama. Der Demokrat hatte darauf gesetzt, dass man den Nahen Osten nur mit dem Iran stabilisieren könne. Das Atomabkommen war maßgeblich auch Obamas Verdienst. Trump hat anders als sein Vorgänger aber wieder den Schulterschluss mit Israel und Saudi-Arabien vollzogen, beides Erzfeinde des Iran. Dass der US-Präsident Teheran als Schurkenstaat brandmarkte, nahm man in Riad und Tel Aviv mit Wohlwollen zur Kenntnis.